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vorwärts.de - Die Jugendmedientage am letzten Wochenende hatten das Motto "Eine Frage der Ehre" - wie kam es zu diesem Thema?

Mathiesen: In den vergangenen Jahren hat sich die Informationsübermittlung drastisch verändert. Während vor guten zehn Jahren noch Tageszeitungsartikel, Magazintexte, Rundfunksendungen und Fernsehbeiträge die Menschen auf dem Laufenden hielten, beschaffen sich die Bürger heutzutage die für sie relevanten Nachrichten zunehmend aus dem Internet. Neue Kommunikationswege wurden und werden immer wieder erschlossen, dank schnell generierten Homepage- und Blogeinträgen oder der Versand einer Twitter-News gelangen die Informationen immer schneller an die Rezipienten.

Was leider oftmals auf der Strecke bleibt, ist die Zeit für die Recherche, die Zeit, sorgsam seine Quellen zu prüfen, die Zeit, seine Worte zu überdenken. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, dass es einigen Journalisten, vor allem aber dem Wirtschaftsbetrieb dahinter, darum geht, als Erster an einer Geschichte dran zu sein, als Erster Neuigkeiten zu publizieren. Das journalistisch-ethisch korrekte Verhalten wie es einst formuliert wurde bleibt bedauerlicherweise vielfach auf der Strecke.

Drum ist es im 21. Jahrhundert wichtiger denn je, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sich Medienschaffende zu verhalten haben. Möglicherweise müssen auch alte Denkmuster erneut hinterfragt werden. Es darf zudem nicht vergessen werden, welche Bedeutung Journalisten und deren Arbeit für das menschliche Zusammenleben zukommt.


Wie kommt es, dass junge Journalisten sich verstärkt mit Fragen der journalistischen Ethik auseinandersetzen?

Ich denke, dass sich niemand gern ein X für ein U vormachen lässt. Die, zum Teil sehr grausame, Berichterstattung über den Amoklauf in Winnenden im März dieses Jahres hat uns allen wiedereinmal vor Augen geführt, wie schlecht einige Journalisten recherchieren. Um 11 Uhr gab es die Information, um 13 Uhr eine gänzlich andere und in den Abendnachrichten erfuhr man schließlich, was wirklich geschah.

Bei der Informationsüberflutung, unter der wir mittlerweile zu leiden haben, wird es zunehmend schwerer, herauszufiltern, was wahr ist und was nicht. Selbst die traditionell seriösen neigen vermehrt dazu, als Erster eine Nachricht zu verbreiten, anstatt sich Zeit zu nehmen, der Sache auf den Grund zu gehen. Die Grenzen zwischen Boulevard und abgesicherter Berichterstattung drohen zu verschwimmen. Genauso wie die Erwachsenen möchten die Jugendlichen erfahren, was Tatsache ist - und Spekulationen aus dem Weg gehen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für junge Journalisten, die sich in den Medien einen Platz suchen wollen?

Die größte Herausforderung heutzutage ist angesichts des rapiden Stellenabbaus, des Umschwenkens von fester Beschäftigung auf das Bauen auf freier Mitarbeiterschaft, einen Job zu bekommen.

Weiter müssen sich die jungen Journalisten wesentlich breiter ausbilden. Früher haben Anfänger ein Volontariat bei einer Tageszeitung gemacht oder beim Fernsehen, während 2009 der Nachwuchs am Besten alles können muss: Schreiben für Print und Online sowie das Erstellen von Rundfunk- und TV-Beiträgen. Die Ausbildung wird crossmedialer.

Die dritte Herausforderung ist, sich klar zu machen, in welchem Bereich man tätig sein möchte, da die Grenzen zwischen Journalismus und PR immer mehr verwischt.


Welche Herausforderungen stellen sich für junge Journalisten bei den digitalen Medien?

Digitale Medien leiden vielfach unter dem Vorwurf, nicht so gut zu sein wie das herkömmliche Printprodukt. Das ist jedoch falsch. Vielmehr geben digitale Medien wesentlich mehr Gestaltungsspielraum.

Das bedeutet aber auch, dass die jungen Journalisten deutlich mehr Technik und Techniken beherrschen müssen. Zu den üblichen Texten kommen heute und in der Zukunft vermehr Pod- und Videocasts auf den Nachwuchs zu.

Beschäftigt sich die Jugendpresse noch auf anderer Weise mit Ethik in den Medien?


Das gesamt Jahr 2009 steht unter dem Thema Ethik im Journalismus. So wird bei der youth media convention der Boulevard hinterfragt: Was sind seine Stärken, wo liegen die Schwächen? Wir versuchen bei den verschiedenen Wahlprojekten zum Bundestag immer der Frage auf den Grund zu gehen, was ethisch-korrektes Verhalten von Medienmachern in Zeiten des Wahlkampfes ist.


Wie wird es nach den Jugendmedientagen weitergehen, was hat die Jugendpresse als nächstes geplant?

Als nächstes stehen die bereits erwähnten Bundestagswahlprojekte an, die youth media convention im Herbst auf dem Rhein, einige politikorange-Ausgaben, ein Bildwettbewerb auf jugendfotos.de sowie der Schülerzeitungswettbewerb der Länder 2010.

Die Jugendpresse Deutschland ist der Bundesverband der jungen Medienmacher. Sie alle verbindet der Spaß am Medienmachen. Egal ob Schreiber, Fotografen, Webdesigner, Layouter, Radiomacher oder Videofilmer sind - sie genießen die Vorteile, die ein Medienverband jungen Journalisten bieten kann. Gerrit Bastian Mathiesen studiert Politikwissenschaften, Öffentliches Recht
sowie Neue deutsche Literatur und Medien an der Christian- Albrechts- Universität zu Kiel. Nebenbei ist er als freiberuflicher Journalist tätig. Im Vorstand ist Gerrit für die Jugendmedientage 2009, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und strukturelle Konzepte verantwortlich.

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Autor*in
Karsten Wenzlaff

war Online-Redakteur bei vorwaerts.de und Social-Media-Manager im vorwärts-Verlag.

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