International

Die Ukraine soll in die Nato

Russland hat die Krim annektiert und Militär in die Ostukraine geschickt, weshalb Kiew Schutz in der Nato sucht. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk spricht sich klar für einen Beitritt aus. Ihm widerspricht Rolf Mützenich, SPD-Außenexperte, der eine Nato-Mitgliedschaft für gefährlich hält.
von Andrij Melnyk · 6. Februar 2015
placeholder

Soll die Ukraine der Nato beitreten? Um diese Frage zu beantworten, wäre vorerst eine präzise Analyse der Dynamik im Verhältnis zwischen der Ukraine und der Nato sinnvoll sowie eine objektive Einschätzung der aktuellen Sicherheitslage in der Ukraine, aber auch im gesamten euro-atlantischen Raum. Die Beziehungen zwischen der Ukraine und der Nato wurden schon im Jahre 1991 hergestellt. Seither hat es keinerlei Beweise gegeben, dass entweder die Nato selbst oder ihre Mitglieder für die Ukraine, aber auch für andere Staaten bedrohlich wären oder aggressive Pläne verwirklichen möchten.

Die Gefahr droht von Russland. Im Jahr 2014, erstmals in der Nachkriegszeit, wurden die Grenzen eines souveränen europäischen Staates durch Militärgewalt verletzt. Die völkerrechtliche Annexion eines Teils unseres Staatsgebietes wurde paradoxerweise von dem Staat ausgeübt, der sich dazu verpflichtet hatte, die territoriale Integrität, Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine zu gewährleisten. Es ist nun offensichtlich, dass sich die blockfreie Politik als falsch erwiesen hat, da sie tragische Folgen für die Menschen in der Ukraine hatte.

Regierung und Bürger wollen in die Nato

Am 29. Dezember 2014 unterzeichnete der Präsident der Ukraine das Gesetz über die Aufhebung des blockfreien Status des Landes. Es legt fest, dass die Integration der Ukraine in den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Raum Europas sowie in die euro-atlantische Sicherheitszone ein grundlegendes außenpolitisches Ziel ist. Das Gesetz beinhaltet außerdem die „Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Nato mit dem Ziel, die für eine weitere Mitgliedschaft in dieser Organisation erforderlichen Kriterien zu erreichen“. Wenn die Ukraine diese Kriterien erfüllt, werden die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine über die Nato-Mitgliedschaft in einem Referendum entscheiden. Mit Blick auf die Umsetzung der Reformen glauben wir, dass diese Kriterien im Laufe der kommenden fünf bis sechs Jahre erreicht werden.

Die Unterstützung durch Deutschland und die Nato ist für das weitere Überleben der Ukraine als Staat von entscheidender Bedeutung. Die Wiederaufnahme des Kurses zur Nato-Mitgliedschaft bedeutet jedoch nicht, dass wir unseren Antrag sofort auf den Tisch legen. Es steht uns mit Sicherheit noch ein langer, steiniger Weg der euro-atlantischen Integration bevor. Doch den letzten Meinungsumfragen zufolge, unterstützt die Mehrheit der Ukrainer die Mitgliedschaft unseres Landes in EU und Nato.

 

Lesen Sie hier die Replik des SPD-Außenexperten Rolf Mützenich, der einen Nato-Beitritt der Ukraine für gefährlich hält.

Autor*in
Avatar
Andrij Melnyk

ist der Botschafter der Ukraine in Deutschland.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare