„Die EU braucht mehr Frank-Walter Steinmeier“
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Die Sitzplätze im „Weltsaal“ des Auswärtigen Amtes reichten bei weitem nicht aus. In mehreren Reihen standen die Menschen und hörten zu. Politikerinnen und Politiker, Weggefährtinnen und -gefährten, Kulturschaffende, Freundinnen und Freunde von Frank-Walter Steinmeier waren gekommen. Sie hörten wie Kofi Annan Hoffnung verbreitete. Wie er sagte, dass unsere Welt friedlicher sei als je zuvor – trotz der aktuellen Welle der Gewalt.
Angst ist die größte Gefahr
Terrorismus sei kein neues Phänomen und habe nie gesiegt, sagte der ehemalige UN-Generalsekretär. „Eine größere Gefahr für liberale Staaten ist die Angst.“ Der Ruf nach Sicherheit und Rache könne zu Überreaktionen und Fehleinschätzungen führen. Es brauche keine neue Weltordnung, aber Anpassungen. So könne es nicht ewig weitergehen, dass USA, Russland, Frankreich und die USA 80 Prozent der Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen stellen. Obwohl sie zusammen gerade mal sieben Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren.
Anschließend widmete sich eine Diskussionsrunde der Rolle Deutschlands in der Weltpolitik. Mogherini würdigte das Zusammenrücken von Berlin und Brüssel. Und Steinmeiers Rolle: „Was braucht die EU, um stärker zu sein? Mehr Frank-Walter Steinmeier.“ Karen Donfried erklärte, dass Europa – und Deutschland – eine stärkere Rolle in der Außen- und Sicherheitspolitik wahrnehmen müsse. Die USA würden das künftig noch stärker einfordern, so die Leiterin des German Marshall Fund.
Gemeinsam oder gar nicht
Die Runde sprach auch über die Flüchtlingspolitik. Der Streit um die Verteilungsquoten schwäche Europa, so Mogherini. Dabei sei gerade jetzt Einigkeit gefragt. „Wir schaffen es entweder gemeinsam oder gar nicht.“ Mogherini warb zudem für einen globalen Blickwinkel: Nur ein kleiner Teil der Menschen, die weltweit auf der Flucht seien, komme nach Europa.
Doch nach europäischer Einigkeit sieht es im Moment nicht aus. Herfried Münkler kann sich vorstellen, dass innerhalb der EU Gruppen entstehen. Sie hätten unterschiedliche Pflichten und unterschiedliche Rechte. Das könnte ein Zerbrechen der EU verhindern.
Es sind große Probleme, die anstehen. Ihnen widmet sich Frank-Walter Steinmeier. Dafür bedankte sich SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel: „Wie kaum ein anderer stehst Du für Verlässlichkeit, gegenseitigen Respekt und Dialogbereitschaft“. Am Donnerstagabend wollte Steinmeier seinen Gästen Zuversicht mit auf den Weg geben. In seiner Dankesrede zitierte er den verstorbenen Staatsanwalt Fritz Bauer: „Selbst wenn die Hoffnung eine Lebenslüge ist – ohne sie wäre die Unmenschlichkeit nicht zu überwinden.“
Goetz Schleser
ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.