An diesem Dienstag haben sich die Botschafter der EU-Staaten auf neue Sanktionen gegen Russland verständigt. Die UN-Menschenrechtskommissarin hat die Zustände in der Ostukraine untersuchen lassen und spricht nun von einer „Schreckensherrschaft“.
Die EU-Staaten werden ihre Sanktionen gegen Russland weiter verschärfen. In Brüssel haben sich ihre Botschafter auf ein neues Paket von Strafmaßnahmen verständigt. Die Wichtigste: Russischen Banken soll der Zugang zu den EU-Finanzmärkten erschwert werden. Das würde wohl dazu führen, dass russische Wirtschaftsunternehmen höhere Kreditzinsen zahlen müssen. Die Sanktion könnte also die ganze russische Wirtschaft treffen.
Außerdem will die EU künftige Rüstungslieferungen an Russland verbieten. Ebenso verboten wird demnach der Export von Spezialtechnik zur Ölförderung sowie von bestimmten Militär-Technologien. Die Regierungen der 28 EU-Staaten müssen die beschlossenen Sanktionen bis Donnerstag noch billigen, was aber nicht mehr als Formsache sein dürfte.
USA und EU stimmen sich ab
Die Europäische Union und die USA wollen nach übereinstimmenden Informationen verstärkt Druck auf Russland ausüben, „die Ukraine nicht weiter zu destabilisieren und stattdessen einen diplomatischen Weg zur Lösung der Krise einzuschlagen“. Das wurde nach einer Telefonkonferenz am Montag zwischen dem amerikanischen Präsidenten, der deutschen Regierungschefin, dem britischen Premier, dem italienischen Regierungschef sowie dem französischen Staatspräsidenten bekannt.
Präsident Barack Obamas Sicherheitsberater Tony Blinken sagte darüber hinaus in Washington, die USA würden noch in dieser Woche „neue Strafmaßnahmen gegen Russland verhängen“. Die Haltung der Bundesregierung ist ähnlich, sie will „abgestimmte Sanktionen gegen Russland aufgrund der fortgesetzten Lieferung von Ausrüstung und Waffen sowie aufgrund der Infiltration von Kämpfern in die Ostukraine“.
„Schreckensherrschaft“ in der Ostukraine
Dort wird heftig und brutal von beiden Seiten gekämpft. In dem neuesten Bericht der UN – Hochkommissarin für Menschenrechte, Navy Pillay, heißt es unter anderem: „Von Mitte April bis Mitte Juli sind in dem Konflikt mehr als 1 100 Menschen getötet und mehr als 3 400 verletzt worden.“ Nach diesem Bericht der Menschenrechtskommissarin haben die so genannten Separatisten im Osten der Ukraine eine „Schreckensherrschaft“ errichtet mit furchtbaren Folgen für die Bevölkerung: Es wird erschossen, eingesperrt, entführt und gefoltert.
Für die UN besteht kein Zweifel daran, dass die wie Banden organisierten und von Russland unterstützten Kämpfer „viele Staatsangehörige der Russischen Förderation“ in ihren Reihen haben: „Banken werden ausgeraubt, Kohlebergbaubetriebe angegriffen, Eisenbahnlinien in die Luft gejagt und Krankenhäuser beschossen.“ Vor diesem Krieg sind nach Angaben von Human Rights Watch insgesamt mehr als 100 00 Menschen geflohen, nach Westen wie nach Osten. Über 15 000 in den vergangenen zwei Wochen.
In Kiew gibt es anhaltende Demonstrationen: „Terroristen haut aus dem Donbass ab!“ schallte es auf dem Maidan-Platz. Die denken natürlich nicht daran, diesem Aufruf zu folgen, sie wollen auch nicht über eine erneute Feuerpause verhandeln, ebenso wenig wie die russische Regierung.
MH17-Absturz weiter ungeklärt
Die Separatisten denken auch nach wie vor nicht daran, die niederländischen und australischen Experten an die Stelle vor zu lassen, an der das malayische Flugzeug abgestürzt ist. Ob die 298 Passagiere einem Raketenabschuss zu Opfer gefallen sind, kann nach wie vor nicht endgültig geklärt werden. Auch in diesem Gebiet wird gekämpft. Die Fachleute haben sich zurückgezogen und ob sie überhaupt noch etwas untersuchen können ist denkbar ungewiss.
Die ukrainische Armee setzt in diesem Krieg verstärkt schwere Waffen ein. Das tut auch ihr Gegner. Die Vereinten Nationen kritisieren in ihrem Bericht, das „Vorgehen beider Seiten müsse unter Umständen als Verletzung des Völkerrechts eingestuft werden“. Nicht nur die Kämpfe sind härter geworden. Die Sanktionen gegen Russland sind es auch. Die verbalen Auseinandersetzungen ebenfalls. Washington und Moskau werfen sich gegenseitig vor, die jeweiligen Kriegsparteien zu unterstützen.
Gespräche gibt es offenbar derzeit keine, auch keine Telefonate. Der deutsche Außenminister hat bisher vergeblich in stundenlangen Telefonaten seinen russischen Kollegen zu überzeugen versucht, dass nicht länger geschossen, vielmehr endlich verhandelt werden müsse. Die Bundeskanzlerin hat seit mehr als einer Woche nicht mehr mit Wladimir Putin telefoniert. Der lässt sich, nach allem was aus Moskau zu hören ist, von den Sanktionen nicht beeindrucken, lässt weiter kämpfen, Krieg führen.
ist Journalist, Gast-Dozent für Fernsehdokumentation und -reportagen an der Berliner Journalistenschule und an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin sowie Honorarprofessor im Studiengang Kulturjournalismus an der Berliner Universität der Künste (UdK).