In Simbabwe haben Präsident Robert Mugabe (ZANU-PF) und die bisherigen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai (MDC) und Arthur Mutambara eine Vereinbarung über die
Teilung der Macht unterzeichnet. Damit besiegelten sie erstmals nach 28 Jahren das Ende der Alleinherrschaft Mugabes, die sich zuletzt auf brutale Unterdrückung stützte.
Von Jérôme Cholet
"Dieses Abkommen ist für alle Seiten akzeptabel," betonte der sichtlich erleichterte Oppositionsführer und designierte Premierminister Morgan Tsvangirai von der Bewegung für Demokratischen
Wandel (MDC). Heute morgen unterzeichnete er gemeinsam mit Präsident Robert Mugabe und dem Anführer der zweiten Oppositionspartei, Arthur Mutambara, ein Abkommen zur Machtteilung. Darin wird
Mugabe zwar weiterhin das höchste Staatsamt überlassen, jedoch der Posten eines Premierministers an MDC-Führer Tsvangirai gegeben. Arthur Mutambara ist designierter Vize-Premierminister. Die neue
Regierung soll insgesamt 31 Ministerposten umfassen, von denen 15 an die ZANU-PF, 13 an die MDC und zwei weitere an die kleinere Oppositionspartei von Mutambara gehen. In Gegenwart von
zahlreichen afrikanischen Staats- und Regierungschefs feierten die drei Parteiführer den Durchbruch.
Geteilte Macht
Der Vertrag beendet Robert Mugabes 28-jähriges Machtmonopol und soll die tiefe Krise des einstigen afrikanischen Modellstaates beenden. Erstmals wird Robert Mugabe die Macht mit seinem
Erz-Rivalen Tsvangirai als Regierungschef teilen, auch im Parlament hat seine Partei ZANU-PF die Mehrheit verloren. Während Präsident Mugabe das Abkommen als Kontinuität der vergangenen Wochen,
wenn nicht gar Monate oder Jahre darzustellen versuchte, betonte der designierte Premierminister Morgan Tsvangirai die Hoffnung, dass sich nun endlich alle Seiten an die Versprechungen des Papier
halten mögen. So sagte er: "Unsere Nation schaut mit Optimismus auf die Umsetzung dieses Abkommens."
Der Vertrag ist Ergebnis eines monatelangen Verhandlungsmarathons, der vor allem von dem südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki vorangetrieben wurde und von zahlreichen Ausbrüchen und
Rückschritten begleitet war. Simbabwe stand kurz davor, ein gescheiterter Staat zu werden. Mbeki hatte lange zu Robert Mugabe gehalten, der das Land in und seit der Unabhängigkeit führte. In den
letzten Wochen schwenkte Mbeki jedoch darauf um, eine Teilung der Macht nach kenianischem Beispiel anzuregen. Denn die Wirtschaft Simbabwes liegt mit Rekordinflation, Massenarbeitslosigkeit und
Nahrungsmittelknappheit am Boden. Mugabe hatte das Land international isoliert und Andersdenkende brutal verfolgt. Millionen von Simbabwern waren in die Nachbarstaaten geflohen. Das Land schien
am Abgrund.
Keine freien Wahlen
Den Anfang vom Ende der Alleinherrschaft Mugabes markierten allerdings schon die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im März dieses Jahres. Dabei verlor Mugabe in beiden Fällen die
Mehrheit, konnte sich aber an eine zweite Runde der Präsidentschaftswahlen klammern, weil auch sein Konkurrent von der Opposition Morgan Tsvangirai angeblich nicht auf die nötigen fünfzig Prozent
der Wählerstimmen kam. Seitdem überzogen Mugabes Sicherheitsdienste, private Schlägertrupps und Milizen das Land mit Repression und Gewalt. Vor allem in den ländlichen Gebieten machten sie Jagd
auf Oppositionspolitiker und -angehörige. Das Volk sollte so weit eingeschüchtert werden, dass es Mugabe schon wählen würde.
Unter Ausschaltung der Opposition und in einem Klima der Angst am Wahltag erklärte sich Mugabe schließlich im Juni zum endgültigen Wahlsieger. Doch ging diese Rechnung diesmal nicht mehr
auf. Mugabes schnelle Vereidigung glich einer Selbstkrönung, die international nicht mehr akzeptabel erschien. Zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs verweigerten die Anerkennung,
die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union verschärften ihre Sanktionen. UN-Generalsekretär Ban Kimoon erklärte, Wahlen müssten in einem friedlichen und fairen Umfeld
geschehen. Die Afrikanische Union (AU) appellierte an Mugabe, die Macht mit Tsvangirai zu teilen. Die Wirtschafts- und Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas (SADC) berief den
südafrikanischen Präsidenten Mbeki als Vermittler ein, der Mugabe nun verstärkt unter Druck setzte.
Und auch wenn der Weg schwer war, kam es vergangenen Donnerstag zum Durchbruch, als beide Seiten ihr Einverständnis erklärten und die Unterzeichnung eines Abkommens zur Machtteilung für
diesen Montag verkündeten. Zwar behält Mugabe darin noch das Amt des Präsidenten und steht damit auch dem neuen Kabinett vor, jedoch ist dies erstmals knapp zur Hälfte mit Mitgliedern der
ehemaligen Opposition besetzt. MDC-Führer Morgan Tsvangirai folgt Mugabe in der Hierarchie. Während Mugabe weiterhin über das Kommando über die Armee verfügt, sollen die Polizeikräfte Tsvangirai
unterstellt werden. "Das ist ein wirklicher Durchbruch," so David Coltart von der Opposition, "zwar hat Tsvangirai nicht die absolute Macht, aber substantiell dazugewonnen."
Menschen schöpfen Hoffnung
Vor dem Verhandlungsort in der simbabwischen Hauptstadt Harare, wo die drei Parteiführer das Abkommen unterzeichneten, jubelte eine Menschenmenge den Politikern zu. Sie erhoffen sich das
Ende der gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen, Frieden, Ordnung, Stabilität und den Wiederaufbau der Wirtschaft. Ein Handschlag Mugabes und Tsvangirais vor den Menschen sollte die neue
Einigkeit demonstrieren. Politische Stabilität soll endlich die Grundlage für die Normalisierung des Lebens der Millionen Simbabwer schaffen. Präsident Mugabe betonte zu dem Abkommen: "Ich bin
ihm gewogen, wir sind ihm gewogen, lasst uns ihm alle gewogen sein." Premierminister Tsvangirai sagte: "Auch wenn wir früher Feinde waren, so lasst uns jetzt um das Ziel einen."
Internationale Gemeinschft vorerst skeptisch
Doch während in Simbabwe erleichtert gefeiert wird, zeigt sich die internationale Gemeinschaft skeptisch. Die südafrikanische Außenministerin Dlamini-Zuma betonte, erst einmal die Details
des Abkommens abwarten zu wollen. Javier Solana, Chefdiplomat der Europäischen Union, sagte: "Erst einmal müssen wir das Abkommen genau analysieren. Noch kennen wir nicht alle konkreten Schritte
zu einer neuen Regierung." Eine Aufhebung der Sanktionen kündigte Solana für frühestens Oktober an. "Wir senden damit eine doppelte Botschaft. Erst einmal begrüßen wir das Abkommen, dann
allerdings wollen wir die Umsetzung sehen."
Das simbabwische Parlament hat sich unterdessen bereits zu den ersten Sitzungen zusammengefunden, der erste Parlamentssprecher aus der Oppositionspartei konnte sich durchsetzen. Nun muss
die Exekutive folgen. In Kenia hat es nach ähnlichen Problemen um die Wahlen im Winter letzten Jahres ein Abkommen zur Machtteilung unter den führenden Parteien gegeben, dass erst einmal Frieden
und Stabilität wiederherstellen konnte. Mögen die Umstände auch andere sein, birgt die Einigung in Simbabwe erst einmal neue Hoffnung. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist geschafft.
Der Druck der internationalen und afrikanischen Gemeinschaft hat sich ausgezahlt.
arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten.