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Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland steigt - einige von ihnen sind sogar obdachlos. (Symbolbild)
Wohnen ist ein Menschenrecht – und trotzdem ist es für viele Menschen in Deutschland immer schwieriger, eine Wohnung zu bekommen oder sie zu halten. Verschiedene Statistiken zeigen, dass sich die Lage immer weiter zuspitzt: Wohnraum wird in vielen Regionen immer knapper und immer teurer, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. Die Folge sind immer mehr wohnungslose Menschen.
Wer gilt in Deutschland als wohnungslos?
Nach deutschem Gesetz gelten Menschen als wohnungslos, die keinen mietvertraglich gesicherten Wohnraum haben – also auch schon, wenn sie beispielsweise in einer Frauenschutzeinrichtung, in einer Asylunterkunft, einer Notunterkunft der Kommune, bei Freund*innen oder Verwandten oder auf der Straße leben.
Ist wohnungslos dasselbe wie obdachlos?
Nein. Nicht jede wohnungslose Person ist automatisch obdachlos. Als Obdachlose gelten ausschließlich Menschen, die in öffentlichen Räumen wie Parks oder Passagen übernachten, und komplett ohne Unterkunft leben.
Wie viele Menschen sind in Deutschland wohnungslos?
Im Jahr 2020 trat das Wohnungslosenberichterstattungsgesetz in Kraft – seitdem werden untergebrachte Wohnungslose jährlich vom Statistischen Bundesamt erfasst. Diese Statistiken zeigen: Mit jedem Jahr steigt die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland an – und es sind immer mehr junge Menschen unter 25 Jahren betroffen.
So stieg die Gesamtzahl der untergebrachten Wohnungslosen von rund 372.000 im Januar 2023 auf rund 439.500 im Januar 2024 und zuletzt rund 474.700 Wohnungslose um Januar 2025. Von diesen rund 474.700 Menschen waren 41 Prozent unter 25 Jahre alt, viele von ihnen sogar minderjährig.
Sind diese Zahlen zuverlässig?
Jein. Zwar wird Wohnungslosigkeit in Deutschland immer besser erfasst, Sozialverbände und andere Expert*innen rechnen allerdings nach wie vor mit erheblichen Dunkelziffern. So erklärte der Paritätische Gesamtverband in einer Stellungnahme im Juli 2025: „Die amtliche Statistik bildet nur einen Teil der Realität ab“. Tatsächlich werden beispielsweise Obdachlose und verdeckt Wohnungslose – also Menschen, die etwa bei Bekannten oder Verwandten unterkommen – nicht erfasst.
Was tut die Politik gegen Wohnungslosigkeit?
Mit dem Wohnungslosenberichterstattungsgesetz wurden in Deutschland erstmals rechtliche und politische Weichen für die Erfassung des Problems gestellt. Das Gesetz gibt unter anderem vor, dass das zuständige Bau-Ministerium alle zwei Jahre einen Bericht zur Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland herausgeben muss.
2024 verabschiedete die Ampel-Regierung dann einen „Nationalen Aktionsplan“, mit dem Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 überwunden werden soll. Der Aktionsplan beinhaltet insgesamt 31 Maßnahmen, darunter Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, eine Verbesserung der Notunterkünfte für Wohnungslose und den Aufbau einer Bundeskompetenzstelle für das Thema.
Die Mission: Jeder von Wohnungslosigkeit betroffene Mensch soll bis 2030 ein „passendes Wohnungsangebot“ erhalten, so hieß es von der damals zuständigen Bauministerin Klara Geywitz. Das solle vor allem durch mehr bezahlbaren Wohnraum geschafft werden.
Dabei soll es wohl auch unter Schwarz-Rot bleiben, denn im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es: „Der Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit wird umgesetzt.“
Welche Kritik gibt es am Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit?
Zwar begrüßten Sozialverbände wie beispielsweise die Diakonie die Verabschiedung des Aktionsplans als wichtiges Zeichen, doch Kritik gab es auch. So schrieb die Diakonie in einer Stellungnahme im März 2024: „Es fehlen aber messbare Zielgrößen und klare Wegmarken, wie die Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 nachvollziehbar gelingen kann.“
Konkret vermisse man klare politische Maßnahmen, die dann auch haushaltspolitisch miteinbezogen würden, hieß es weiter. Auch der Paritätische Gesamtverband kritisierte: „Ziel muss es sein, Wohnungslosigkeit präventiv zu verhindern und dauerhaft zu beenden, nicht nur zu verwalten.“