vorwärts-online: Was waren Ihre Beweggründe das Kombikraftwerk zu entwickeln?
Ulrich Schmack: Mit dem Pilotprojekt wollten wir vor allem eines: Den Beweis erbringen, dass auch ohne konventionelle Kraftwerke eine 100-Prozent-Deckung des Strombedarfs durch Erneuerbare
Energien technisch möglich ist. Es ist uns gelungen, die verschiedenen erneuerbaren Energieträger in einer Echtzeit-Steuerung so zu kombinieren, dass die jeweiligen spezifischen Vorteile nutzbar
gemacht werden.
So deckt Windkraft als kostengünstigste Energiequelle einen Großteil der benötigten Kilowattstunden in der Summe ab. Sonne kommt insbesondere mittags zu Hochlastphasen zur Geltung und Biogas
hat die besondere Rolle, die beiden anderen Energiequellen auszugleichen. Im Maßstab 1:10 000 deckt das Kombikraftwerk vollständig den Strom in Deutschland mit Erneuerbaren Energien ab. Wir sehen
darin eine wichtige Grundlage dafür, den Erneuerbaren Energien eine höhere Akzeptanz in der zukünftigen Politik zu verschaffen.
Welche Rolle spielt Biogas im Kombikraftwerk?
Biogas fällt in diesem Projekt eine Schlüsselrolle zu. Im Gegensatz zu den beiden anderen Energieträgern Wind und Sonne ist Biogas komplett regelbar. Die hierfür notwendige
Zwischenspeicherung der Energie kann auf drei Arten geschehen: schon als Rohstoff, mit einer anschließenden Beschickung der Anlage, so dass immer dann Gas gebildet wird, wenn es benötigt wird,
anschließend als Gas in einem Gasspeicher vor Ort oder, nach der Aufreinigung und Einspeisung im deutschen Erdgasnetz. Hiermit ließen sich dann auch längerfristige Windschwankungen ausgleichen.
Das Kombikraftwerk soll zeigen, dass sich der Strombedarf in Deutschland komplett aus Erneuerbaren Energien decken lässt. Wie realistisch ist das und wann könnte es soweit sein?
Es ist uns gelungen, über mehrere Monate die aktuelle Energiebedarfskurve Deutschlands im Kleinen "nachzufahren", eine Simulation auf der Basis der Wetterdaten und Energieverbrauchsdaten von
2006 zeigte, dass das ganze Jahr über mit dem Kombikraftwerk eine lückenlose Vollversorgung möglich gewesen wäre. Wann allerdings der komplette Strom Deutschlands aus Erneuerbaren Energien
abgedeckt wird, hängt im Wesentlichen von den politischen Entwicklungen ab.
Sollen die Erneuerbaren bis 2020 bis zu 40 Prozent des deutschen Strombedarfs abdecken, bedarf es weiterer eindeutiger Planungsgrundlagen für die Erneuerbaren durch die Gesetzgebung und den
politischen Willen. Wir sind darauf vorbereitet.
Was sind die größten Hürden auf dem Weg zu einer Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien?
Aus technischer Sicht sind wir hier gut aufgestellt, auch was das Rohstoffmanagement für die Biogasanlagen betrifft. Durch die verstärkte Nutzung von Zwischenfrüchten wäre die Konkurrenz
zwischen Energiepflanzen und Produktion für den Nahrungsmittelbereich beendet. Aufgrund der Biodiversität ist das Problem der Monokultur kein Thema mehr.
Neben der gesetzlichen Grundlage gibt es aber noch eine weitere Hürde: Das Gasnetz. Wir fordern vor diesem Hintergrund einen leichteren Zugang zu den Erdgasnetzen sowie eine Kopplung der
(Strom-)Einspeisevergütung an den Rohstoffindex.
Interview: Karsten Wiedemann
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