Inland

„Wir lieben den Scheiß“

von Anke Schoen · 21. September 2014

Seine Markenzeichen sind Hut und rotzige Ausdrucksweise. Sein nahezu legendärer Ausspruch „Wir lieben den Scheiß“ hat sich in Juso-Kreisen und auch in Teilen der NRW-SPD längst zu einem geflügelten Wort entwickelt. Dass Veith Lemmen sein Herz auf der Zunge trägt – das honoriert auch sein Landesverband. Zum Dank beschert er ihm das nahezu traumhafte Ergebnis von 93,7% Zustimmung bei der Wahl zum Landesvorsitzenden. „Ich nehme die Wahl an“, versichert er den jubelnden Delegierten. Weitere zwei Jahre wird der Münsteraner nun die Geschicke der NRW-Jusos leiten.


Zuvor hatte er den Schulkonsens kritisiert, da bestünde „Nachbesserungsbedarf“. Am grünen Koalitionspartner übt er harsche Kritik: „Der Kindergarten muss komplett beitragsfrei sein – und nicht nur das letzte Jahr.“ Entzündet hatte sich der Zwist wegen der extrem schwierigen Haushaltslage und dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2010. Die Grünen begründen ihren Vorstoß damit, dass im Haushalt 2012 kein Spielraum mehr sei.

Svenja Schulze wirbt für Studium ohne Abitur

Weitaus glücklicher ist der im Amt bestätigte Landesvorsitzende dagegen über den Landtagswahlkampf, bei dem die Jusos mit ihrem unermüdlichen Einsatz einen „guten Job“ gemacht hätten. Auch die anonymisierte Polizeikennzeichnung, die im rot-grünen Koalitionsvertrag steht, verbucht er als Erfolg. Ebenso wie die Abschaffung der Studiengebühren, die ohne den Druck der Jusos nicht zu so rasch umgesetzt worden wäre.

Das Stichwort „Bildung“ greift die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung Svenja Schulze dankbar auf. Dies sei ein „absolut zentrales Thema“, sagt sie. Sie lobt die breite nordrhein-westfälische Wissenschafts- und Forschungslandschaft, wirbt aber gleichzeitig für ein Studium ohne Abitur: „In NRW studieren lediglich 4% ohne Fachhochschulreife.“ Beim doppelten Abiturjahrgang, mehr als 100.000 zusätzliche Studierende strömten an die Hochschulen, setzt sie auf mehr Mobilität: „Es wird uns nicht gelingen, dass alle ihr Wunschfach an ihrer Wunschuniversität studieren können.“

Die Gesellschaft einbeziehen

André Stinka, kommissarischer Generalsekretär der NRWSPD, warnt vor der Gefahr von rechts. „Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu bilden, sowohl in Schulen als auch in der Gesellschaft“, betont er. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Marc Herter bestätigt: „Wir müssen klar die rote Fahne dagegen halten.“ Ein Parteiverbot sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein präventiver.

In der kommenden Wahlperiode möchte Veith Lemmen seine Mutterpartei kritisch begleiten: „Wir müssen gesellschaftliche Mehrheiten finden, um gemeinsam mit Bündnispartnern auch Druck auf die Partei auszuüben.“ Eine Herzensangelegenheit ist ihm aber auch die anstehende Bundestagswahl. Er ruft den Delegierten zu: „Wir werden das rocken!“

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Anke Schoen

ist freie Journalistin.

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