"Alle haben Angst vor einer Rahmenveränderung, aber die muss sein. Und unsere Aufgabe ist es, diese sozial gerecht zu gestalten", erklärt Ernst Ulrich von Weizsäcker, Leiter des International Resource Panels, UNEP, und Sprecher des Fortschrittsforums. "Eine Enquete-Kommission hat meist wenig Zeit für ihre Arbeit, deshalb ist es gut und wichtig, dass diese durch das Fortschrittsforum begleitet und vertieft wird", führt Weizsäcker fort.
Die Welt stehe vor einem tief greifenden Wandel, den Weizsäcker vor allem als eine technologische Frage sieht. War früher noch der Faktor Arbeit das knappe Gut, so seien dies heute die Ressourcen: "Die Erhöhung der Ressourcenproduktivität ist inzwischen die Herausforderung", ist sich Weizsäcker sicher.
Eine andere Art des Wirtschaftens
"Es gibt ernstzunehmende Zweifel an unserer Ökonomie, die immer wieder Blasenökonomien erzeugt", sagt Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Wirtschaftswachstum sei zwar einer der Treiber unseres Wohlstands gewesen. "Die aktuelle Wirtschaftskrise stellt aber auch das Wachstum in Frage, durch das Raubbau an Ressourcen betrieben wird", so der SPD-Politiker weiter. Die Kritik, die Steinmeier hier äußert, ist keinesfalls neu: Das alleinige Setzen auf unendliches Wachstum war bereits in den 1970er Jahren von Mitgliedern des Club of Rome als ökologisch unvertretbar kritisiert worden.
Steinmeier war lange Zeit selbst der Überzeugung, dass "unsere Gesellschaft auf stetigem Wachstum aufbaut". Selbstkritisch gibt er zu: "Die Schwachstellen waren schon früher zu sehen, aber wir haben nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen." Die Fragen, die er sich und dem Fortschrittsforum nun stellt: "Wie können wir mit einer anderen Art des Wirtschaftens künftig Armut bekämpfen? Welche Mittel haben wir? Wie können wir das Maß an Lebensqualität und Teilhabe stärker gewichten?"
"Krisenanfälligkeit ist Ausdruck von Politikversagen"
Inge Kaul von der Hertie School of Governance geht mit der gegenwärtigen Politik ins Gericht: "Ich glaube, dass eine nationale Politik auch immer eine gerechte Globalpolitik sein muss. Das wäre Politik, die auch immer die globalen Zusammenhänge mitdenkt. Und ich glaube, dass es uns an einer solchen Politik mangelt." Sie ist der Überzeugung: "Wenn wir konkurrieren, gehen wir alle den Bach runter." Bestätigt sieht sich Kaul durch die Krisenanfälligkeit der heutigen Zeit, diese sei Ausdruck von Politikversagen. Provokant fragt sie: "Wie können wir die Politik zähmen, damit Politik die Märkte zähmt?" Ernst Ulrich von Weizsäcker schließt sich dieser Meinung an: "Die Banken haben eine unglaubliche Macht, und die Gegenmacht ist noch nicht aufgebaut."
Diesen und weiteren Problemfeldern gehen fortan die drei Arbeitsgruppen des Fortschrittsforums "Arbeit & Leben", "Bildung & Modernisierung" sowie "Wirtschaft & Wachstum" nach. Die inzwischen um die hundert Mitglieder werden zum Thema bis zu viermal im Jahr tagen. Herausgearbeitet werden sollen Anforderungen an die Politik, damit diese wieder Gestaltungsmacht bekomme. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage: "Wie wollen wir leben?" Diese richtet sich auch an Interessierte, die sich auf der Internetseite Fortschrittsforum.de anmelden und an der Diskussion beteiligen können.