Wilhelm-Leuschner-Medaille: Keine Ehrung für „sozialpolitischen Hardliner“ Roland Koch
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Die Empörung ist groß. Für Freitag ruft ein breites Bündnis aus Gewerkschaft, Politik und Initiativen zu einer Protestkundgebung in Frankfurt am Main auf. Grund: Die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille an den ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.
Von einer Verhöhnung Wilhelm Leuschners und seines Lebenswerkes ist im Aufruf zu lesen. Dem amtierenden hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier wird parteipolitischer Missbrauch vorgeworfen. Er entscheidet über die Vergabe.
Sozialpolitischer Hardliner, der Ehrung nicht verdient
Denn Roland Koch war ein „sozialpolitischer Hardliner, der diese Ehrung nicht verdient“, sagt Philipp Jacks, Geschäftsführer der DGB-Region Frankfurt-Rhein-Main. So sei auch der Protest gegen die getroffene Auswahl ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Verleihung, erklärt er. Damit wolle man zugleich auf die unsoziale Politik Kochs erinnern.
So stehe der Name für die rassistische Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, welche Hass und gesellschaftliche Spaltung geschürt habe, heißt es im Aufruf. Mit seiner zynisch als „Operation Sichere Zukunft“ bezeichneten Politik ließ er vielen Einrichtungen, die benachteiligten Menschen halfen, die Landeszuschüsse kürzen oder streichen. Nicht zuletzt wird auch daran erinnert, dass Roland Koch derjenige war, der maßgeblich die Zerschlagung eines einheitlichen Tarifrechts im öffentlichen Dienst der Länder betrieb.
In Zukunft Vergaberecht ändern
Die Frage, warum ausgerechnet Roland Koch die höchste Auszeichnung des Landes Hessen erhalten soll, scheint damit mehr als berechtigt. Denn der Gewerkschafter und Politiker Wilhelm Leuschner kämpfte für eine demokratische Republik und stand während der NS-Diktatur bis zu seiner Ermordung 1944 an der Spitze eines gewerkschaftlich geprägten Widerstandsnetzwerks. Dementsprechend sollen Personen mit der Medaille ausgezeichnet werden, die sich „im Geiste Wilhelm Leuschners hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen“ erworben haben.
Kein Wunder also, dass die Verleihung in weiten Teilen der Bevölkerung auf Empörung stößt. Auch die Frankfurter SPD-Bundestagabgeordnete Ulli Nissen startete unlängst eine Online-Petition. Darin forderte sie Bouffier auf, die höchste Auszeichnung des Landes Hessen nicht an Roland Koch zu verleihen. Doch der Protest geht über diese Forderung hinaus. In Zukunft soll ein unabhängiges Auswahlgremium entscheiden, wer diese Medaille bekommt. Phillip Jacks: „Wir wollen eine Diskussion anstoßen, um die Vergaberegeln zu verändern.“
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.