Inland

Wie sich die CDU beim Wohnungsbau blamiert

Beim Wohnungsbautag mehrerer Verbände treffen Spitzenpolitiker*innen aller fünf möglichen Regierungsparteien aufeinander. Eine Partei kommt ohne Konzept: die CDU. Deren Generalsekretär Paul Ziemiak blamiert sich stattdessen mit Phrasen.
von Jonas Jordan · 6. Mai 2021
Bezahlbares Wohnen gehört zu den drängendsten politischen Fragen.
Bezahlbares Wohnen gehört zu den drängendsten politischen Fragen.

Die amtierende große Koalition aus CDU/CSU und SPD ist kein Wunschbündnis. Das wird an diesem Tag einmal mehr deutlich. Die SPD kämpft für progressive Ideen und Konzepte, die Union bremst im besten Fall, doch häufig hat sie schlichtweg kein Konzept. So ist es bei vielen Themen und das wird auch während der Diskussionsrunde beim Wohnungsbautag des Verbändebündnis Wohnungsbau deutlich. Horst Seehofer (CSU) hat sich vor mehr als drei Jahren zwar auch die Ressortzuständigkeit beim Thema Bauen für sein Innenministerium gesichert. Doch die selbst gesteckten Ziele verfehlte sein Ministerium klar.

Kühnert: „Es geht um dein Zuhause!“

Vielleicht erscheint der frühere CSU-Vorsitzende auch deshalb nicht wie angekündigt persönlich zur „Wahlkampf-Arena-Wohnen“, sondern lässt sich von seinem Parlamentarischen Staatssekretär Volkmar Vogel (CDU) vertreten. Dieser versucht kläglich, die Zahlen beim Thema Wohnungsbau schön zu reden. Zwar sei das selbst gesteckte Ziel, 1,5 Millionen neue Wohnungen innerhalb dieser Legislaturperiode zu schaffen, verfehlt worden. Doch die tatsächlich entstandenen 1,2 Millionen neuen Wohnungen seien doch immerhin nah dran. Das will der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert so nicht stehen lassen und kontert: „Es wäre gut gewesen, wir hätten die 1,5 Millionen geschafft.“ Denn die fehlenden 300.000 Wohnungen entsprächen immerhin zwei Berliner Bezirken.

Ohnehin gibt sich Kühnert angriffslustig. Wohl nicht ohne Grund verschickt die SPD zeitgleich mit Kühnerts Auftritt in der Wahlkampf-Arena eine E-Mail mit dem Betreff „Es geht um dein Zuhause!“. Darin verweist Kühnert auf die Erfolge der SPD innerhalb der Koalition. Nach monatelangem Druck der Sozialdemokrat*innen beschließt der Bundestag am Freitag das Baulandmobilisierungsgesetz. Ein Wortungetüm, hinter dem sich aber ein Erfolg für alle Mieter*innen verbirgt. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird dadurch ebenso erschwert wie die Spekulation mit Grund und Boden. Denn: „Auf überteuertem Grund und Boden entsteht kein bezahlbares Wohnen“, stellt Kühnert zurecht fest.

CDU ohne Programm und Ideen

Doch die SPD will mehr: einen fünfjährigen Mietenstopp in allen angespannten Wohnlagen und 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr in den kommenden zehn Jahren. Ein ambitioniertes und kostenintensives Vorhaben. Kühnert merkt jedoch an: „Wer soll es bezahlen, wenn wir das alles nicht machen? Die Leute müssen ja irgendwie wohnen.“ Was im Wahlprogramm der CDU zum Thema Wohnungsbau steht, ist dagegen unbekannt. Einfacher Grund: Die Union hat noch kein Wahlprogramm. Obwohl neben Staatssekretär Vogel mit Generalsekretär Paul Ziemiak mit gleich zwei Spitzenpolitikern in der Runde vertreten, blamiert sie sich kräftig.

Insbesondere Ziemiak schafft es nicht, Ideen oder Vorschläge zu formulieren. Von ihm kommen meist nur Allgemeinplätze wie „Es geht darum, das, was wir eben schon beschrieben haben, diesen Weg weiterzugehen“ oder Spitzen in Richtung der politischen Konkurrenz, auf die Kevin Kühnert halb genervt, halb amüsiert antwortet: „Kurioser Auftritt, wenn man als einziger gar nichts in der Pipeline und nichts vorzulegen hat!“

Walberg: „Er hat bisher nur gesagt, was er alles nicht will“

Auch Dietmar Walberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, der die Konzepte aller vertretenen Parteien einem „Wahlprogrammcheck“ unterzieht, stellt in Richtung Ziemiak fest: „Ein bisschen schade, dass von der CDU nichts vorliegt. Er hat bisher nur gesagt, was er alles nicht will.“ Dazu zählen insbesondere der zuletzt in Berlin gekippte Mietendeckel und Enteignungen, für die Janine Wissler, Co-Parteivorsitzende der Linken, eintritt.

Nach deren Ausführungen meint Ziemiak beim Wort Enteignung ein Blitzen in den Augen von Kevin Kühnert erkannt zu haben. Dieser antwortet: „Paul, von deiner Position aus kannst du meine Augen gar nicht sehen.“ Als Ziemiak dem Grünen-Co-Parteivorsitzenden Robert Habeck vorschlägt, er solle die Gelegenheit nutzen, eine Koalition mit Linken und SPD auszuschließen, kommt umgehend der Konter von Wissler: „Herr Ziemiak, vielleicht wäre es das Beste, wenn Sie einfach mal ein Programm vorlegen würden!“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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