Wie sich Bürger gegen die Feinde der Demokratie engagieren
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500 Prozent – um diesen Wert sei die rechtsextreme Gewalt in Deutschland in jüngster Zeit angestiegen, erklärt Gregor Rosenthal, Leiter der Geschäftstelle des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz“ in Berlin. Dies sei „besorgniserregend“, die unzähligen Brandanschläge auf Asylunterkünfte seien nicht weniger als „infam“. Dabei sei der rechte Terror keineswegs auf Ostdeutschland beschränkt, wie Medienberichte oft implizierten. Die rassistische Gewalt sei „kein regionales Problem“. Umso wichtiger sei der gesellschaftliche Widerstand gegen die Feinde der Demokratie, findet Rosenthal. „Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhang insgesamt stärken“, sagt er am Montag vor mehreren hundert Gästen beim Festakt zur Feier des Tages des Grundgesetzes in Berlin.
„Aktiv für Demokratie und Toleranz“
Zum 16. Mal hat das „Bündnis für Demokratie und Toleranz“, das sich gegen Extremismus und Gewalt einsetzt, einen Wettbewerb ausgerichtet, um zivilgesellschaftliches Engagement in Deutschland zu ehren. „Die 65 Preisträger-Projekte zeugen von der großen Bandbreite zivilgesellschaftlichen Engagements in Deutschland und beeindrucken durch ihre Vielseitigkeit und ihren großen Einsatz“, erklären die Veranstalter.
Die Vereine und Initiativen setzen sich für die Stärkung der freiheitlichen, demokratischen Gesellschaftsordnung im Sinne des Grundgesetzes ein. Im Vordergrund stehen der Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie Bemühungen um die „Willkommenskultur“ in der Migrationsgesellschaft. Dabei würden vor allem solche Projekte geehrt, deren Aktivitäten „andere begeistern“ können und „übertragbar“ seien, so Gregor Rosenthal.
Respekt anstatt Hass
Zum Beispiel das Projekt „Meet2Respect“ des Berliner Vereins „Netzwerk Verantwortung“, das gemeinsame Schulbesuche von Rabbinern und Imamen organisiert, um Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gleichermaßen zu bekämpfen. Oder die „Sommerakademie für queere Flüchtlinge“ des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg – mit Bildungsangeboten speziell für lesbische, schwule, bisexuelle und transidente Asylsuchende jeglicher Herkunft.
Ausgezeichnet wurden auch mehrere „Botschafter für Demokratie und Toleranz“, die je 5.000 Euro für ihr soziales Engagment erhielten. Darunter der Berliner Verein „MaDonna Mädchenkult.Ur“ aus dem Neuköllner Rollbergviertel, der „seit Jahrzehnten Mädchen zwischen acht und 21 Jahren zu einem selbsbestimmten Leben“ verhilft, wie die Jury betont. Ebenso preisgekrönt wurde der Islamismus-Experte Ahmad Mansour, ehemaliges Mitglied der Deutschen Islam-Konferenz: „Der Diplompsychologe beschäftigt sich mit Projekten und Initiativen gegen Radikalisierung, Unterdrückung im Namen der Ehre und Antisemitismus in der muslimischen Gesellschaft“, heißt es in der Begründung der Jury.
Fast 70 Jahre Grundgesetz
Die Preisverleihung wurde von den Veranstaltern mit Bedacht auf den Tag des Grundgesetzes gelegt, der sich am 23. Mai zum 67. Mal jährt. Gerade in Zeiten, in denen die Medienfreiheit mit „Lügenpresse“-Rufen verhöhnt wird und Islamfeinde die Religionsfreiheit angreifen, will das „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ die Grundwerte der deutschen Verfassung hochhalten. Durch AfD, Pegida und Co. habe sich das Klima in Deutschland „stark verändert“, findet Judith Epstein, Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Zugleich zeigten die Preisträger des Wettbewerbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ eines, freut sich Gabriele Rohmann, Leiterin des Berliner Archivs der Jugendkulturen: „Es gibt eine Vielfalt an Initiativen für Willkommenskultur in Deutschland“.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.