Der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum Fachkräftemangel belegt, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen und Älteren schon deutlich verbessert werden konnte. Es muss aber noch mehr getan werden. Denn jedes vierte Unternehmen hat über einen längeren Zeitraum offene Stellen
„Das haben wir toll hingekriegt“, freut sich Arbeitsministerin Andrea Nahles: Bei 72,7 Prozent lag die Erwerbstätigenquote von Frauen Ende vergangenen Jahres. Noch in der letzten großen Koalition waren 73 Prozent als Ziel für das Jahr 2020 gesteckt worden. „Aber“, ergänzt Nahles die gute Nachricht, „leider sind rund die Hälfte dieser Jobs Teilzeitbeschäftigungen“. Und das decke sich nicht mit den Wünschen vieler Frauen. Teilzeitarbeit sei phasenweise gewünscht. „Doch viele sitzen dann in der Falle“. Die Ministerin stellt sich vor, dass derzeit geltende Recht auf Teilzeit auszubauen und um ein Rückkehrrecht auf eine volle Stelle zu ergänzen. „Jetzt muss ich noch einige andere Gesetze voranbringen, aber ich bin da dran.“
In der Bauwirtschaft fehlen die meisten Fachkräfte
Denn dass Frauen mehr arbeiten, hat die hiesige Wirtschaft dringend nötig. Das belegt der Fortschrittsbericht der Bundesregierung zum Fachkräftemangel 2013. Dieser wurde heute vom Kabinett verabschiedet und von Andrea Nahles gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Eric Schweitzer vorgestellt.
Als Grundlage diente der DIK-Arbeitsmarktreport. Demnach kann jedes vierte Unternehmen offene Stellen länger als zwei Monate nicht besetzen, weil es an qualifizierten Bewerbern mangelt. Am stärksten ist die Bauwirtschaft von dem Problem betroffen, 28 Prozent der nicht besetzten Stellen stammen aus dieser Branche. Am Geringsten, aber immer noch spürbar, leidet der Handel mit 17 Prozent. Und die Firmen haben Zukunftssorgen: 37 Prozent sehen die eigene wirtschaftliche Entwicklung als Folge des Fachkräftemangels gefährdet.
Nahles: „Das gewaltige Potenzial nutzen“
Was der Report auch zeigt: Vor allem die so genannten KMU, kleine und mittlere Unternehmen mit zehn bis 200 Mitarbeitern, sind vom Fachkräftemangel betroffen.
Andreas Nahles mahnte: „Insbesondere Frauen, junge Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss und Ältere jenseits der 60 haben noch zu wenig Chance, eine Stelle zu finden.“ Die Ministerin weiter: „Alle Bemühungen zur Fachkräftesicherung haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn auch diese Menschen Chancen bekommen. Ich rufe alle Unternehmen dazu auf, dieses gewaltige Potenzial zu nutzen.“
Schweitzer: Ganztagsschule statt Betreuungsgeld
Auch die Politik soll natürlich ihren Teil dazu beitragen. „Wir brauchen ein Recht auf Vollzeit“, so Nahles mit Blick auf die hohe Teilzeitquote bei Frauen. Parallel müsse der Kita-Ausbau weiter gehen. „Und der Ausbau von Ganztagsschulen“, forderte Schweitzer. Er plädierte für ein Recht auf einen Ganztagsschulplatz analog zum Anspruch auf einen Kitaplatz. „Aus Sicht der Wirtschaft würde das helfen. Finanziert werden könnte das mit dem Verzicht auf das Betreuungsgeld. Das ist kein hilfreiches Instrument“. Andreas Nahles, die als SPD-Generalsekretärin im Wahlkampf und bei den Koalitionsverhandlungen für die Abschaffung des CSU-Lieblingsprojekts eingetreten war, schmunzelte.
Sie lenkt den Blick außerdem auf die 1,4 Millionen Menschen zwischen 25 und 34 Jahren, die keinen Berufsabschluss vorweisen können. Nahles plant, die guten Erfahrungen mit den Hamburger Jugendberufsagenturen bundesweit umzusetzen. „Nachqualifizierung muss eine 2. Chance schaffen für die, die ohne Abschluss sind“, so die Arbeitsministerin.
Kluge Modelle für Ältere gefordert
Als weitere zentrale Aufgabe zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sieht Nahles, das Potenzial der Älteren besser auszuschöpfen: „Viele wollen noch arbeiten, aber vielleicht weniger oder in einem anderen Takt.“ Altersgerechte Arbeitsplätze, kluge Arbeitszeitmodelle und passgenaue Weiterbildungsangebote seien gute Möglichkeiten.
Info:
Den vollständigen Fortschrittsbericht finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsministeriums.