Weltfinanzkrise ungelöst – Politik bleibt Antworten schuldig
Von Dietrich Jörn Weder
Das Wahlvolk erregt sich, wie es scheint, bisher nicht einmal über dieses Unvermögen. Dabei stellt die Finanzkrise hierzulande die bereits vielfach beschworene Aussicht auf Vollbeschäftigung
und einen ausgeglichenen Haushalt in Frage. Gleichwohl gibt es bislang nur lauwarm-halbherzige Therapievorschläge.
Gefährliche Schwarze-Peter-Spiele
Dass alle Kredite der Banken nach ihrem Risiko gewichtet in der Bilanz auftauchen und mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, hätte man bis vor kurzem für eine bare Selbstverständlichkeit
gehalten. War es aber nicht! Dass Finanzinstitute riskante Bau-Kredite, undurchsichtig verpackt, wie einen Schwarzen Peter untereinander weiterreichen können, müsste man doch bis auf Ausnahmefälle
verbieten oder von der Zustimmung des Schuldners abhängig machen. Diese unsaubere Praxis des Bündelns und Weiterverschiebens von Krediten liegt doch dem ganzen Debakel zugrunde.
Und welchem guten Zweck dienen eigentlich die mit Unsummen von Leihgeld auf Firmenfang ausgehenden Hedgefonds? - Jedenfalls nicht einem Arbeiten und Produzieren mit langem Atem, die bislang
die dauerhafte Quelle des wirtschaftlichen Erfolgs in Deutschland waren! Und welchen Wert haben all die vielen neuen künstlichen Finanzprodukte, Derivate, die erst in dritter oder vierter Linie mit
einem tatsächlichen wirtschaftlichen Vorgang verknüpft sind?
Börse als Spielkasino
Da gibt es, bildlich gesprochen, Wetten auf das Unglück der anderen, das häufig erst mit diesen herbeigeführt wird. Gerade sah sich die amerikanische Börsenaufsicht genötigt, die regelmäßig
mit solcher Absicht verbundenen Leerverkäufe von Aktien zu beschränken. Der US-Hedgefonds-Manager John Paulson soll im vergangenen Jahr mit Wetten auf das Platzen der amerikanischen Immobilienblase
die ebenso sagenhafte wie anstößige Summe von 3,7 Milliarden Dollar verdient haben. Schon John Maynard Keynes, der große Ökonom des vergangenen Jahrhunderts, empfahl, die Finanzierung der
Volkswirtschaft nicht länger der Börse zu überlassen, wenn diese Züge eines Spielkasinos annimmt.
Die US-Hypothekenkrise sollte Anlass für ein Großreinemachen unter dem entbehrlichen Unrat der Finanzmärkte sein. Wollen die Europäer damit auf die Amerikaner, auf Barack Obama, warten? Wäre
nicht in Deutschland die SPD von ihrem Selbstverständnis her die Partei, die sich als erste an diese heikle Herkulesaufgabe heranmachen müsste? Das ist freilich ein Feld, in dem Detailwissen und
politischer Mut nur sehr schwer zueinander kommen. Doch überlassen wir die Globalisierung einem catch-as-catch-can der Spekulation und des großen Geldes, wird sie immer wieder Unglück für viele
bringen.
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.