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Warum wir für guten Journalismus zahlen müssen - früher oder später

SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan nutzte die Pressekonferenz der SPD-Medienholding DDVG für einen leidenschaftlichen Appell. Ohne guten Journalismus nehme die Demokratie Schaden. Er forderte dringend eine Debatte über die Frage: „Wie retten wir Qualitätsjournalismus?“
von Lars Haferkamp · 21. September 2016
Klare Botschaft: SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan mit DDVG-Geschäftsführern Jens Berendsen (l.) und Matthias Linnekugel (r.)
Klare Botschaft: SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan mit DDVG-Geschäftsführern Jens Berendsen (l.) und Matthias Linnekugel (r.)

Eigentlich geht es bei den Pressekonferenzen der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), der SPD-Medienholding, vor allem um Zahlen, Statistiken und Bilanzen. Doch am Dienstag war es anders. Das konnte man schon daran sehen, dass die beiden DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen und Matthias Linnekugel mit gleichen Sweatshirts erschienen, die den Aufdruck trugen „We all have to pay for journalismus or we’re going to pay for it!“

Nietan: Demokratie braucht Qualitätsjournalismus

SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan nahm dieses Motto gleich zu Beginn seines Statements auf. Er begründete es – übrigens ein Zitat des Comedian John Oliver – mit der Krise des Journalismus. Es sei „eine große Gefahr für unser Gemeinwesen, wenn Qualitätsjournalismus den Bach runter geht“, warnte Nietan. Demokratie brauche Kontrolle der Mächtigen durch guten Journalismus.

Doch heute sei es oft gar nicht mehr entscheidend, ob eine Story gut recherchiert oder zutreffend sei, entscheidender sei oft, ob sie Aufmerksamkeit wecke. Qualität und Wahrheitsgehalt seien dann zweitrangig. Auch das erkläre den großen Erfolg von Verschwörungstheorien im Internet.

„Billig-Mentalität“ bedroht guten Journalismus

Guter Journalismus jedoch brauche gute Journalisten mit guten Arbeitsbedingungen und Ressourcen. Das koste. Es sei ein „absolutes Alarmzeichen“, wenn Verleger etwa die klassische Seite Drei in Zeitungen für nicht mehr bezahlbar hielten, warnte Nietan. Deshalb müsse über die Frage gesprochen werden: „Wie retten wir Qualitätsjournalismus?“

Nietan kritisierte die „Billig-Mentalität“, alle Informationen gratis aus dem Internet zu beziehen. Dabei werde übersehen, dass viele Nachrichten im Netz oft auf Ergebnisse klassischer Medien verwiesen. Mit den Worten „there is no such a thing as free lunch“, warnte er vor Fehleinschätzungen der Konsumenten.

„Von der Gratis-Kultur zur Bezahl-Kultur“

Er wolle „keine Verbraucherschelte“ betreiben, stellte der SPD-Schatzmeister klar. Aber für Qualität müsse ein Preis verlangt und erzielt werden. Ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sei wichtig. Das drücke auch aus, dass eine journalistische Leistung wertvoll sei und Wertschätzung verdiene.

Dass es Qualitätsjournalismus nicht umsonst geben könne, sei 80 Prozent der Bürger klar. Wie das zu erreichen sei, darüber müsse nun die Gesellschaft eine Debatte führen. „Wir müssen von einer Gratis-Kultur zu einer Bezahl-Kultur kommen“, so Nietan.

DDVG setzt auf Nachhaltigkeit und Qualität

Die DDVG bemühe sich in ihrem Geschäftsbereich darum, Qualitätsjournalismus zu stärken und zu sichern. Dazu gehörten die Weiterentwicklung der Tageszeitung durch die Stärkung der Lokalberichterstattung. Hier dürfe es nicht um Abbau gehen, sondern um den Erhalt von Qualitätsjournalismus.

Für die DDVG stünden deshalb auch nicht möglichst hohe Renditen im Mittelpunkt sondern nachhaltige Entwicklung und Investitionen in Qualität. Nietan nannte die DDVG einen „Garanten“ für Nachhaltigkeit, journalistische Qualität und soziale Gerechtigkeit durch ihre Medienbeteiligungen. Sie sei „ein guter Teilhaber im Medienbereich“ und nehme ihre gesellschaftspolitische Verantwortung ernst.

Sicherung des Qualitätsjournalismus oberstes Ziel

Dennoch müsse man sich am Markt behaupten. Dem dienten etwa die verstärkte Kooperation von Medien und der Ausbau verlagsferner Geschäfte. Auch die Entwicklung neuer Bezahlmodelle, wie eine Monatsflatrate für alle Produkte eines gesamten Verlages, sei eine Möglichkeit. Das Ziel all dieser Maßnahmen sei die Sicherung von Qualitätsjournalismus.

DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen konkretisierte das Engagement der SPD-Medienholding an Hand konkreter Zahlen aus dem Jahr 2015. Man habe das Geschäftsjahr 2015 mit einem Jahresüberschuss von 1,9 Millionen Euro abgeschlossen. Den Rückgang des Ergebnisses gegenüber 2014, als der Überschuss 6,4 Millionen Euro betrug, erklärte Berendsen mit erheblichen Restrukturierungen in den Beteiligungen und mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes. Sowohl Berendsen als auch Nietan nannten den Mindestlohn notwendig und richtig.

DDVG-Gewinnausschüttung an SPD unverändert

Die Gewinnauschüttung der DDVG an die SPD hat sich nicht verändert. Wie in den beiden Jahren zuvor wird für 2016 mit einer Gewinnausschüttung von 1,5 Millionen Euro aus dem Betriebsergebnis von 2015 gerechnet.

Berendsen verwies er auf wesentliche Veräderungen im Portfolio. So habe die DDVG neue Anteile an der Neuen Westfälischen – auf Wunsch des Verlegers - erworben. Ihr gehören nun 100 Prozent. Man habe 15,2 Prozent an „Locafox“ erworben, einer online-Suchmaschine für Produkte des örtlichen Einzelhandels. Auch an der Diskussions- und Nachbarschaftsplattform „lokalportal.de“ habe man Anteile erworben, um so den Lokaljournalismus stärken zu können. Schließlich habe man eine 50,06-prozentige Beteiligung an der sehr erfolgreichen chinesischen Plattform „okoer.com“ erworben, die mit Öko-Test zusammenarbeitet.

Berendsen: „Haben unser Ziel erreicht“

„Mit dem Ergebnis 2015 haben wir unser geplantes Ziel erreicht“, resümmierte Jens Berendsen. „Der Blick in unsere Beteiligungen stimmt uns optimistisch, dass wir für das laufende Jahr spürbare Restrukturierungserfolge aufweisen können.“

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Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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