Warum Leiharbeiter wie normale Beschäftigte zählen
Thomas Koehler/photothek.net
Konkret ging es um einen Konflikt beim Reifenhersteller Goodyear Dunlopin Hanau. Für die Wahl der Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat hatte der Wahlvorstand eine indirekte Wahl (über Delegierte) vorgesehen. Eine gewerkschaftliche Minderheit rechnete sich aber bessere Chancen für ihre Kandidaten aus, wenn die Mitarbeiter ihre Aufsichtsräte direkt wählen.
Leiharbeitnehmer wählen mit
Welches Wahlverfahren anzuwenden ist, hängt davon ab, wieviele Mitarbeiter das Unternehmen hat. Bei mehr als 8000 Beschäftigten ist eine Delegiertenwahl vorgesehen, ansonsten wird direkt gewählt. Nach Ansicht des Wahlvorstands hat Goodyear in Deutschland 8340 Beschäftigte inklusive 444 Leiharbeitnehmer. Die Kläger, die direkt wählen wollten, bestritten jedoch, dass die Leiharbeiter für die Bestimmung des Schwellenwerts relevant seien.
Das Bundesarbeitsgericht entschied nun, dass die Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind. Da sie (laut Gesetz) bei der Wahl der Aufsichtsräte stimmberechtigt sind, wäre es unlogisch, wenn sie bei der Festlegung des Wahlverfahrens irrelevant wären.
Auch beim Kündigungsschutz normale Beschäftigte
Es liegt nahe, dass die Leiharbeiter nun auch bei anderen Schwellenwerten im Mitbestimmungsrecht mitzählen. So können die Arbeitnehmer bei einer GmbH oder AG mit mehr als 500 Beschäftigten ein Drittel der Aufsichtsräte wählen. Ab 2000 Beschäftigten können die Arbeitnehmer sogar die Hälfte der Aufsichtsräte stellen. Ob auch hier die Leiharbeiter mitzählen, will das Bundesarbeitsgericht aber erst entscheiden, wenn ein passender Fall vorliegt.
Bis 2011 ignorierte das BAG die Leiharbeiter bei der Anwendung von arbeitsrechtlichen Schwellenwerten. Seitdem entscheidet es in immer mehr Bereichen, dass die Leiharbeiter wie normale Beschäftigte zählen - etwa bei der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, für das ein Betrieb mehr als zehn Beschäftigte haben muss. Der gesetzliche Schutz kam dann allen Mitarbeitern zugute, auch den festangestellten.