Warum die SPD einen „Spurwechsel von Asylbewerbern“ befürwortet
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Politiker der SPD setzen sich für den sogenannten „Spurwechsel“ von Asylbewerbern ein. Das Wirtschaftsforum der SPD plädiert dafür, abgelehnten Asylbewerbern mit Berufsqualifikation den Weg auf den deutschen Arbeitsmarkt zu eröffnen. „Im Handwerk fehlen bis zu 250.000 Fachkräfte. Da ist es doch absurd, Asylbewerber mit Arbeits- oder Ausbildungsplatz abzuschieben“, sagt Harald Christ, Mitglied im Präsidium. „Für gut integrierte Asylbewerber muss der Spurwechsel in ein geregeltes Einwanderungsverfahren möglich sein.“
Harald Christ: „Thema im Zuwanderungsgesetz behandeln“
Christ rät im Gespräch mit dem „vorwärts“ dringend dazu, sich dieses Themas beim geplanten Fachkräftezuwanderungsgesetz anzunehmen. „Die SPD fordert ja seit vielen Jahren ein Zuwanderungsgesetz. Bisher hat sich die CDU immer quer gestellt. Ich bin froh, dass sie auf diese SPD-Forderung einschwenkt. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels ist die Diskussion nötiger denn je.“
Angestoßen hatte die Debatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Doch in den Reihen der Union stieß er auf Skepsis, die CSU lehnte den Vorschlag rundheraus ab. Doch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil befürwortet die Idee einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge: „Es kann nicht sein, dass fleißige Pflegekräfte oder Handwerker aus ihren Betrieben gerissen und abgeschoben werden.“
Eckpunkte-Papier vorgelegt
Gestern wurde nach Informationen des „vorwärts“ ein Eckpunktepapier von Bundesinnen- und Bundesarbeitsministerium vorgelegt. Darin wird das Thema zumindest angerissen: „Wir als Bundesregierung schaffen die passenden Rahmenbindungen für die Fachkräftesicherung. Um den Bedarf des Arbeitsmarktes der Zukunft zu decken, müssen alle Beteiligten ihren Beitrag leisten. Dazu gehört auch, die Potenziale der Personen mit Fluchthintergrund, die eine Beschäftigung ausüben dürfen, für unseren Arbeitsmarkt zu nutzen.“
Ähnlich äußern sich auch andere SPD-Politiker. Eva Högl, die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, sagt: „Unser Land braucht dringend Fachkräfte vor allem in den Branchen Pflege, Schule, Bau und Technologie. Das Gesetz muss Einwanderung klar regeln und steuern. Wir müssen auch Menschen eine Chance geben, hier ihre Ausbildung zu machen oder ein Studium zu beginnen. Dabei sollten wir auch diejenigen berücksichtigen, die schon hier leben und unsere Sprache sprechen, sich gut integriert haben und gerne hier bleiben würden.“
Eva Högl hält Stichtagsregelung für sinnvoll
Eva Högl bringt darüber hinaus eine Stichtagsregelung ins Spiel: „Da wir ausschließlich diejenigen berücksichtigen wollen, die bereits in Deutschland leben, wäre eine Stichtagsregelung sinnvoll.“ Harald Christ hält indes nicht viel von „irgendwelchen Stichtagen“. „Wir müssen uns jetzt damit beschäftigen, wo der Bedarf ist, und diesen Bedarf decken.“ Als Beispiel nennt er Engpässe in den Pflegeberufen. Er zweifelt, ob eine „harte Stichtagsregelung die beste Lösung“ sei. Er will eine solche Regelung allerdings auch nicht ausdrücklich ausschließen – aber sich von Anfang an festzulegen, hält er für verfrüht.
Harald Christ fordert nun ein rasches Umsetzen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes: „Die Einwanderung von Fachkräften für die deutsche Wirtschaft muss jetzt möglichst schnell geregelt werden. Und bis dahin sollten wir schauen, nicht die falschen Asylbewerber zurückzuschicken.“ Für ihn ist letztlich entscheidend, dass es Menschen sind, „die sich klar zu den Werten unseres Grundgesetzes und der sozialen Marktwirtschaft bekennen, die in diesem Land leben, sich integrieren wollen und auch integrieren lassen. Und Potenzial erkennen lassen, entweder weil sie schon eine abgeschlossene berufliche Qualifizierung haben oder in einer solchen Maßnahme sind.“ Dann könne man davon ausgehen, dass sie sich und ihre Familien durch eigene Arbeit ernährten und sich an der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wertschöpfung aktiv beteiligten.
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.