Warum das Ehegattensplitting abgeschafft werden kann
js-photo - stock.adobe.com
Beim Ehegattensplitting werden die Einkommen der Ehepartner*innen zusammengezählt und dann halbiert. Das führt vor allem bei Alleinverdiener-Ehen zu großen Steuervorteilen von bis zu 18.500 Euro im Jahr, denn so ist auf hohe Einkommen ein niedrigerer Steuersatz anzuwenden. Bundesweit erhalten Ehepaare mit ungleicher Einkommensverteilung Vorteile in Höhe von insgesamt rund 25 Milliarden Euro pro Jahr.
Ehegattensplitting steht nicht im Grundgesetz
„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“, heißt es im Grundgesetz. Wie der Staat die Ehen und die Familien aber konkret zu fördern hat, sagt die Verfassung nicht. Der Gesetzgeber hat dabei einen relativ großen Gestaltungsspielraum.
Manchmal wird behauptet, das Bundesverfassungsgericht habe die Einführung des Ehegattensplittings angeordnet. Das ist aber nicht richtig. Das Gericht hat 1957 nur beanstandet, dass Ehen schlechter gestellt wurden als andere Formen des Zusammenlebens. Der Gesetzgeber hat daraufhin das Ehegattensplitting eingeführt. Er hätte aber auch andere Steuermodelle einführen können.
Dass das Ehegattensplitting abgeschafft werden könnte, hat das Bundesverfassungsgericht 2013 eher am Rande geklärt. Damals ging es um die Forderung von Homosexuellen, dass das Ehegattensplitting auf ihre eingetragenen Partnerschaften ausgeweitet wird (die „Ehe für alle“ wurde vom Bundestag erst 2017 beschlossen). Karlsruhe forderte damals eine Gleichbehandlung, ließ dem Gesetzgeber aber die Wahl, ob das Ehegattensplitting abgeschafft wird oder ob er es auf die eingetragenen gleichgeschlechtlichen Paare erweitert.
Werden patriarchale Ehemodelle begünstigt?
Zeitweise gab es sogar Stimmen, die das Ehegattensplitting selbst für verfassungswidrig hielten. Es verstoße gegen die 1994 ins Grundgesetz aufgenommenen Verpflichtung zur Förderung der „tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau“, weil es patriarchale Ehemodelle begünstige. Doch dem ist das Bundesverfassungsgericht auch nicht gefolgt. So hat das Gericht 2013 das Ehegattensplitting eindeutig für zulässig erklärt.
Zu beachten ist bei einer Abschaffung des Ehegattensplittings, dass das Existenzminimum des Ehegatten stets steuerfrei bleiben muss. Das hat das Bundesverfassungsgericht 1998 entschieden. Wenn nur ein Ehepartner arbeitet, darf deshalb der Unterhalt des anderen Partners nicht besteuert werden, so dass de facto ein steuermindernder Effekt erhalten bleibt. Auch die Einsparung für den Staatshaushalt wäre entsprechend beschränkt.
Ehefrauen verdienen weniger
Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist bisher vor allem daran gescheitert, dass CDU/CSU und FDP dies ablehnen und es auch unpopulär wäre. Von 7,6 Millionen Ehefrauen in Deutschland im Alter von 25 bis 60 Jahren haben mit sechs Millionen rund drei Viertel ein geringeres Einkommen als ihr Partner, hat das Ifo-Institut 2021 berechnet. In all diesen Ehen führt das Splitting also zu Steuervorteilen.
Würde man, wie von Klingbeil vorgeschlagen, das Ehegattensplitting nur für neue Ehen abschaffen, wäre der Einspareffekt zunächst nur gering, würde aber von Jahr zu Jahr wachsen. Pro Jahr werden in Deutschland rund 400.000 Ehen geschlossen.