Inland

Vom Grenzkampf zur Gleichstellung

von Rolf Fischer · 9. Dezember 2008
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Heute leben etwa 50.000 Bürger im nördlichsten Bundesland, die sich der dänischen Minderheit zugehörig fühlen. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie deutsche Staatsbürger, die engagiert die dänische Sprache, Kultur und Lebensweise fortführen. Die Minderheit verfügt über eigene Kindergärten und Schulen, über soziale Einrichtungen wie Seniorenheime oder Büchereien. Ihr Lebensmittelpunkt ist der nördliche Landesteil zwischen Kiel und Flensburg. Zentrales politisches Prinzip ist seit der "Kieler Erklärung" das sog. Bekenntnisprinzip, d.h. Däne ist wer Däne sein will - dies gilt übrigens auch für die anderen Minderheiten: Der Staat hat nicht zu entscheiden, wer zu einer Minderheit gehört oder was eine Minderheit ist. Dieses Prinzip ist den schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit geschuldet, in der nationale Minderheiten und Volksgruppen vom Staat identifiziert, ausgegrenzt und vernichtet wurden. So gibt es bewusst keine offiziellen Zählungen über die tatsächliche Größe der Minderheit sondern nur Selbsteinschätzungen; auch Stimmabgabe ist ein Kriterium.

Dorn im Auge der Konservativen

Die dänische Minderheit organisiert sich auch in einer Partei, dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der von der 5-Prozent-Hürde befreit ist. Diese Privilegierung war und ist den konservativen Kreisen im Land ein Dorn im Auge. Immer wieder wurde gegen diese Regelung geklagt, sogar beim Bundesverfassungsgericht. Auch entsteht regelmäßig eine Diskussion über die Vollwertigkeit der Landtagsmandate des SSW, die sich nur um Minderheitenfragen und regionale Politik ihres Landesteiles zu kümmern hätten. Sozialdemokraten haben diese Einschränkung immer abgelehnt und sich für die vollgültige demokratische Anerkennung ausgesprochen.

Als im Jahre 1990 aus der Landessatzung eine "Landesverfassung" wurde, beschlossen SPD und SSW einen Staatszielartikel zum Schutz und zur Förderung der nationalen Minderheiten und Volksgruppen, genannt wurden insbesondere die dänische Minderheit und die Friesen. Die von Ministerpräsident Engholm vor 20 Jahren geschaffene Funktion des "Minderheitenbeauftragten", übrigens Vorbild für die Regelung auf Bundesebene auch dies eine Forderung der Nord-SPD , gewährleistet den engen Kontakt zu den Minderheiten des Landes. Die dänischen Kultur-, Sozial- und Bildungseinrichtungen erhalten Mittel vom Land und in etwa gleicher Höhe Gelder aus Dänemark. Diese Zahlungen stehen in einem Zusammenhang mit der Unterstützung der deutschen Minderheit in Dänemark; hier wird Gleichbehandlung angestrebt.

Die schleswig-holsteinischen Sozialdemokraten erkennen die Selbständigkeit der dänischen Minderheit an; wir sehen darin einen Teil des historisch-kulturellen Reichtums unseres Landes. Die Gleichstellung mit der Mehrheit ist eine ständige demokratische Aufgabe. 2008 hat nun - unter Mitarbeit des Autors in der Landeshauptstadt Kiel erstmalig eine sog. "Dänen-Ampel", eine Kooperation aus SPD, Grünen und SSW, ihre Arbeit aufgenommen - ein deutliches Zeichen für die Anerkennung der dänischen Minderheit.

Rolf Fischer ist Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtags und minderheitenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

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