Inland

Unverständnis für Wolfgang Clement

von Vera Rosigkeit · 26. November 2008
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Die Kommentare zum überraschenden Parteiaustritt des ehemaligen Wirtschaftsministers Wolfgang Clement reißen nicht ab. SPD-Bundesumweltminister Sigmar Gabriel warf Clement "Selbstbezogenheit und Scheinradikalität" vor. Wer nur noch die eigenen Maßstäbe gelten lasse, verliere den Blick für "das, was für die Partei und die Menschen im Lande wichtig ist", sagte Gabriel in der "Rheinischen Post".

Auch der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung Clements. Er könne diesen Schritt "nur schwer nachvollziehen", sagte er im "Bayerischen Rundfunk". Vogel: "Selbst auf diese milde und abgewogene Form einer Rüge dafür, dass ein ehemaliger stellvertretender Parteivorsitzender wenige Tage vor einer Wahl öffentlich abrät, die Spitzenkandidatin zu wählen, hat er ganz im Übermaß reagiert".

Die ehemalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis, warf Clement in den "Lübecker Nachrichten" vor, er hätte die SPD längst verlassen können. Dass er sich erst am Tag nach der Rüge zum Austritt entschieden habe, kommentierte sie mit den Worten: "Wie Männer nun mal sind: Am Ende wollen sie immer Recht behalten."

Björn Engholm, ebenfalls ehemaliger SPD-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, sagte ebenfalls in den "Lübecker Nachrichten": "Mit der Rüge hätte Clement gut leben können. Sie berücksichtigt bereits seine Verdienste. Mit den Äußerungen von der Art, wie er sie im hessischen Landtagswahlkampf gemacht hat, hätte er in keinem Wirtschaftsunternehmen Gnade gefunden." Mit dem Herzen sei Clement "lange nicht mehr Sozialdemokrat", fügte er hinzu.

Der frühere SPD-Bundesfinanz- und Verteidigungsminister Hans Apel räumte ein, dass die Rüge des ehemaligen Wirtschaftsministers durch die Bundesschiedskommission nicht der Grund für den Austritt gewesen sein kann. Apel im Deutschlandradio Kultur: "Eine Rüge - mein Gott. Das ist so wie eine gelbe Karte auf dem Platz. So etwas steckt man weg."

Ebenfalls in der "Rheinischen Post" erklärte der Göttinger Parteienforscher Franz Walter: "Auch wenn es furchtbar altmodisch klingt, aber ein Minimum an Disziplin und Geschlossenheit kann eine Partei nicht entbehren. Und wenn dann einer stets aufs eigene Tor schießt, wird man das irgendwann als dem Ziel der Mannschaft nicht dienlich empfinden."

Quellen: Rheinischen Post, Bayerischen Rundfunk, Lübecker Nachrichten, Deutschlandradio Kultur (alles Mittwoch)

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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