"Unternehmen Vereinbarkeit. Perspektiven familienfreundlicher Unternehmenspolitik" lautete das Motto der Fachkonferenz. Wie familienfreundlich ist die deutsche Wirtschaft? Welche Maßnahmen
ergreift sie, mehr Familienfreundlichkeit in den Unternehmen zu erreichen? Auf solche Fragen gilt es Antworten zu finden.
Das Bewusstsein der Unternehmer für das Thema Familienfreundlichkeit sei in der letzten Zeit stark angestiegen, so Jürgen Wuttke, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt beim Bundesverband
Deutscher Arbeitgeber (BDA). Er erklärte jedoch, dass das Problem in erster Linie ein gesellschaftspolitisches sei. Aber es sei auch eine Frage der Wirtschaftspolitik, gestand er schließlich ein.
Aufgaben der Wirtschaft
Mit flexiblen Arbeitszeiten, Telearbeitsplätzen und der Einrichtung von Betriebskindergärten versuche die Wirtschaft, ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung nachzukommen.
Immerhin sei Familienfreundlichkeit auch ein betriebswirtschaftlicher Faktor. Zufriedene Eltern bedeuteten für die Unternehmen geringere Fluktuation und geringere Krankenstände. Letztendlich war
sich Wuttke sicher: "Demografischer Wandel und Fachkräftemangel - und da muss man kein Hellseher sein - werden sich als Motor für Familienfreundlichkeit erweisen".
Der DGB kritisiert, dass zu wenig Kontakt zu den Eltern in der Elternzeit gehalten werde. Christina Stockfisch, Projektleiterin "Lokale Bündnisse für Familien" beim DGB, forderte deshalb von
der Wirtschaft mehr Angebote zur Kombination von Eltern- und Teilzeit, Weiterbildungen und Vertretungen während der Elternzeit. Für die Zeit nach dem Wiedereinstieg in den Beruf wünsche sie sich
mehr Betriebskindergärten sowie Hilfe bei der Suche nach Betreuungseinrichtungen.
Rolle der Politik
Was kann die Politik leisten? Die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Nicolette Kressl, war der Meinung, der Staat müsse seine "Wächterfunktion"
wahrnehmen und ausreichend Betreuungsplätze zur Verfügung stellen. "In Ländern mit gut ausgebauter Kinderbetreuungsinfrastruktur sind mehr Frauen berufstätig und werden mehr Kinder geboren" so
Kressl. Deshalb haben Bund und Länder vereinbart, ab 2013 einen Rechtsanspruch für die Betreuung der unter 3-Jährigen zu garantieren. Der Bund wird sich an den Kosten mit jährlich 770 Millionen
Euro beteiligen.
Jedoch dürfe es nicht alleinige Aufgabe der Politik sein, dieses Problem zu meistern. "Alle Räder müssen ineinander greifen." Kressl forderte Unternehmen und Bürgergesellschaft zur
Zusammenarbeit mit der Politik auf.
Deutschland in 20 Jahren
Wie stellen sich die Anwesenden Deutschland in 15 bis 20 Jahren vor? Christina Stockfisch glaubt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Gewerkschaften weiterhin ein hartes
Thema bleibt. Sie fordert verbindliche Betriebsvereinbarungen und eine gelebte Unternehmenskultur. Außerdem wünscht sie sich nicht nur einen quantitativen, sondern auch einen qualitativen Ausbau
der Kinderbetreuung. Nur dann hätten alle Kinder die gleichen Chancen. Das könne er nur unterschreiben, erklärte Jürgen Wuttke. Er hofft auf ein gesellschaftliches Umdenken, damit es für junge
Eltern mehr Möglichkeiten gibt, Familie und Beruf zu vereinbaren. Nicolette Kressl hofft, dass "es in zehn Jahren keine Podiumsdiskussion mehr gibt, bei der wir mit glänzenden Augen auf die
Kinderbetreuung in Skandinavien schielen!"
Mamke Kühl
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