Thüringen: Rot-Rot-Grün will Minderheitsregierung bilden
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Gut fünf Wochen nach der Landtagswahl ist eine stabile Regierung in Thüringen noch immer nicht in Sicht. SPD, Linkspartei und Grüne wollen deshalb ihr Bündnis fortsetzen und eine Minderheitsregierung im Freistaat bilden. Dieser würden im Landtag vier Stimmen fehlen.
„Es gibt keinerlei Bewegung bei CDU und FDP mit dem Wahlsieger, der Linkspartei, in Kontakt zu treten“, sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Matthias Hey, dem „vorwärts“. Da beide sowohl eine Koalition mit der Linkspartei als auch eine Tolerierung von Rot-Rot-Grün ausgeschlossen hätten, bleibe nur der Weg, eine Minderheitsregierung zu bilden.
Minderheitsregierung als „Wagnis“
Eine solche hat es in der Geschichte Thüringens bisher nicht gegeben. Und auch in anderen Bundesländern stand meist fest, dass sich eine Regierung ohne eigene Mehrheit im Parlament auf eine sie stützende Fraktion verlassen konnte und von ihr toleriert wurde. Matthias Hey spricht deshalb auch von einem „ziemlichen Wagnis“, das aber alle drei Partner bereit seien, einzugehen.
„Durch die letzte Tür mit der Aufschrift Neuwahl will niemand gehen“, ist sich Hey sicher. Die CDU hatte bei der Landtagswahl mit nur 21,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in Thüringen eingefahren, die FDP nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde überwunden. „Die AfD wartet nur darauf, dass wir es nicht hinkriegen“, warnte Matthias Hey.
Haushalt für 2021 als „Prüfstein“
Ob es tatsächlich zu einer Minderheitsregierung kommt, darüber sollen die Mitglieder der beteiligten Parteien entscheiden. SPD und Grüne werden voraussichtlich Ende Januar Parteitage abhalten, die Linkspartei plant eine Mitgliederbefragung.
Auch ohne eigene Mehrheit habe Rot-Rot-Grün noch einiges vor, betont Matthias Hey. So sollen mehr Lehrer und Polizisten eingestellt und künftig mehr als nur die beiden letzten Jahre in der Kita kostenfrei sein. Da der Haushalt für das kommende Jahr bereits verabschiedet wurde, könnte eine Minderheitsregierung voll geschäftsfähig starten. „Der Haushalt für 2021 wird dann der Prüfstein“, so Hey.
Sachsen steuert auf „Kenia-Koalition“ zu
In Sachsen haben sich unterdessen SPD, CDU und Grüne bereits am Wochenende auf die Bildung einer „Sachsenkoalition“ verständigt. Mit der Gemeinschaftsschule, einem Vergabegesetz für bessere Löhne und der Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft sind zentrale Forderungen der SPD im Koalitionsvertrag verankert. „Diese Koalition wird Sachsen gerechter machen“, ist deshalb SPD-Chef Martin Dulig überzeugt.
Bis zum 15. Dezember können die Mitglieder der sächsischen SPD entscheiden, ob sie dem Koalitionsvertrag zustimmen. Eine Mitgliederbefragung gibt es auch bei den Grünen. Bei der CDU entscheidet ein Parteitag am 11. Dezember. Erst danach wollen die Parteien ihre Ministerinnen und Minister benennen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.