Eine Koppelung sei nicht gerechtfertigt und verstoße gegen europäisches Recht, so die Richter. Der EuGH widerspricht damit auch der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses
hatte 2006 am Beispiel des Berliner Vergabegesetzes festgestellt, dass gesetzliche Regelungen zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen Gemeinwohlzielen von "überragender Bedeutung" dienten. Nach
EuGH-Meinung sollten jedoch Wirtschaftlichkeit und Transparenz der Auftragsvergabe oberste Maßstäbe sein.
Der Rechtsstreit hatte sich am Bau der Justizvollzugsanstalt Göttingen-Rosdorf entzündet. Eine Baufirma hatte gegen eine Vertragsstrafe geklagt, die sie zahlen sollte, weil ein polnischer
Subunternehmer seine Arbeiter mit nur 46,57 Prozent des deutschen Tariflohns bezahlte. Nach Ansicht des Landes Niedersachsen verstieß er damit gegen das Landesvergaberecht. Dies sieht u.a. vor,
dass Aufträge für Bauleistungen nur an solche Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmern mindestens das tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu
zahlen.
Dieses Gesetz hat der EuGH nun gekippt. Regelungen, wonach öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichten, die jeweiligen Branchentarifverträge einzuhalten,
sind in verschiedenen Bundesländern gültig. 2006 hatte Nordrhein-Westfalen sein erst 2002 erlassenes Tariftreuegesetz aufgehoben, weil es sich in der Praxis als nicht durchsetzbar erwiesen hatte.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Entscheidung der Luxemburger Richter. Für die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt ist das Urteil "ein einziges Plädoyer
für gesetzliche Mindestlöhne". Der EuGH habe festgestellt, dass die Bindung an gesetzliche Mindestlöhne und für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge bei der Vergabe von Aufträgen zulässig
sei. AZ C-346/06
Quellen: www.spiegel.de, www.zeit.de, www.curia.europa.eu, www.spd.lt.sachsen-anhalt.de, www.dstgb.de
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