SPD-Wahlkampf in Schwerin: Martin Schulz verspricht höhere Ost-Renten
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„Mensch, seid ihr treue Leute“, ruft Martin Schulz ins Publikum als er am frühen Freitagabend die Bühne in der Schweriner Innenstadt betritt. Vor ihm harren rund 600 Anhänger seit mehr als zwei Stunden im strömenden Regen aus, um den SPD-Chef live zu sehen. Der zeigt sich bestens gelaunt, stellt sich hinters Rednerpult und strahlt übers ganze Gesicht. Dann verspricht er: „Schulz kommt, die Sonne scheint.“ Und tatsächlich: Im Laufe seiner einstündigen Rede setzen sich einige Sonnenstrahlen gegen den Regen durch. Die Stimmung im Alten Garten, gegenüber des Schweriner Schlosses, ist gut.
„Eine Kampfansage an eine ganze Generation!“
Der SPD-Kanzlerkandidat geht in die Offensive – und setzt sich von seiner Gegnerin Angela Merkel ab. Oft werde er gefragt, wo denn der Unterschied zwischen ihm und der Kanzlerin sei, erzählt er. Dabei sei dieser Unterschied doch mehr als offensichtlich, findet Schulz. Zum Beispiel beim Thema Rente: „Angela Merkel sagt, bei der Rente gibt es keinen Handlungsbedarf“, ruft er ins Mikrofon. „Das ist eine Kampfansage an eine ganze Generation! Denn wenn wir bei der Rente nicht eingreifen, sinken die Renten ab.“ Im Gegensatz zur CDU habe seine Partei einen Plan, das zu verhindern, betont Schulz.
Der SPD-Chef verspricht, als Bundeskanzler für die Stabilität der Renten, der Beiträge und des Eintrittsalters zu sorgen. Die von Teilen der CDU geforderte Rente mit 70 werde es mit ihm nicht geben. Zugleich kündigt er an, sich in Zukunft speziell für die Rentner in Ostdeutschland einzusetzen: „Für die Menschen, die bei der Überleitung der Alterssicherung der DDR in das bundesdeutsche Recht erhebliche Nachteile erlitten haben, wollen wir einen Gerechtigkeitsfonds aufsetzen.“ Vielen heutigen Rentnern in Ostdeutschland sei nach der Wende Ungerechtigkeit widerfahren. Um das auszugleichen, brauche es einen „neuen Generationenvertrag“.
Schulz: Merkel benachteiligt Frauen
Von Altersarmut seien vor allem Frauen betroffen, erklärt der SPD-Chef. Der Grund: Viele Frauen arbeiteten in Teilzeit, um sich um ihre Kinder kümmern zu können. Dadurch seien sie finanziell doppelt benachteiligt. Zum einen seien ihre Einkommen niedriger als die der Männer in Vollzeit. Zum anderen müssten sie später mit einer geringeren Rente leben. Die SPD habe deshalb in der großen Koalition versucht, ein Rückkehrrecht in Vollzeit durchzusetzen – dies sei die Politik den Frauen in Deutschland schuldig, findet Schulz. Nur: Die Union habe sich bislang beharrlich geweigert, dem SPD-Vorschlag zuzustimmen. „Das ist verhindert worden von einer Frau“, sagt der SPD-Kanzlerkandidat. „Von Frau Angela Merkel.“
Deshalb werde er als Bundeskanzler in der kommenden Legislaturperiode das Rückkehrrecht in Vollzeit gesetzlich verankern, verspricht Schulz. Er werde außerdem eine Solidarrente über dem Niveau der Grundsicherung einführen. Es dürfe nicht sein, dass jemand nach 35 Beitragsjahren als Rentner zum Amt gehen müsse, um Sozialhilfe zu beantragen.
SPD will bis zum Schluss kämpfen – aus Überzeugung
An vielen Stellen kritisiert Schulz die Kanzlerin sowie CDU und CSU. Er wirft der Union vor, in der großen Koalition eine Blockadehaltung an den Tag gelegt zu haben. Zum Beispiel beim Thema „Mietwucher“. „Überall wohnen sich Menschen arm“, sagt Schulz. Deshalb habe die SPD im Bundestag versucht, die sogenannte Mietpreisbremse zu verschärfen. „Bezahlbares Wohnen ist ein Grundrecht und darf kein Privileg in diesem Land sein“, so der SPD-Chef. Doch die CDU-Vorsitzende Merkel sehe das offenbar anders, kritisiert er. Ein besserer Schutz vor Mietsteigerungen sei mit der Union einfach nicht zu machen.
Solche Kritik kommt gut an bei Schulz' Zuhörern, wie auch seine gesamte Rede immer wieder von kräftigem Applaus unterbrochen wird. Wenige Tage vor der Bundestagswahl wirkt der SPD-Chef hoch motiviert. Seine Partei werde bis zum Schluss um jede Stimme kämpfen, verspricht er. „Aber, liebe Leute, wir kämpfen nicht aus Selbstzweck“, sagt Schulz. „Wir kämpfen auch nicht für Meinungsforschungsinstitute – wir kämpfen für unsere Überzeugungen.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.