Inland

So will die SPD einen neuen Aufbruch für Ostdeutschland schaffen

Der SPD-Vorstand hat ein Zwölf-Punkte-Programm für Ostdeutschland beschlossen. Damit will die Partei 30 Jahre nach Fall der Berliner Mauer die Leistung der Ostdeutschen stärker anerkennen, auch bei Löhnen und Renten.
von Lars Haferkamp · 28. Januar 2019
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Dietmar Woidke ist bekannt dafür, dass er um die Dinge nicht lange herumredet. Der Ministerpräsident von Brandenburg kommt nach der Sitzung des Parteivorstands im Willy-Brandt-Haus am Montag direkt auf den Punkt. Die Politik in Deutschland habe „zu lange gewartet und zu lange gehofft“, dass die Dinge in Ostdeutschland besser werden. Doch der Abstand zwischen den neuen und den alten Bundesländern sei in den vergangenen Jahren nicht mehr kleiner geworden.

Woidke: „Mauern müssen fallen“

30 Jahre nach dem Fall der Mauer gebe es eine neue „deutsche Teilung“, so Woidke. Die zeichne sich durch zwei Mauern aus: eine „Rentenmauer“ und eine „Tarifmauer“. Damit meint Woidke, dass die Menschen in Ostdeutschland zwar länger arbeiten als im Westen, trotzdem geringere Löhne und geringere Renten erhalten. „Diese Mauern müssen fallen“, fordert der brandenburgische Ministerpräsident. Sie stünden mittlerweile nämlich länger, als die Mauer in Berlin gestanden habe.

Das sieht der SPD-Parteivorstand genau so. Deshalb hat er einstimmig ein Zwölf-Punkte-Programm beschlossen, das die Situation in Ostdeutschland grundlegend verbessern soll und auf ein Papier zurückgeht, das Vertreter der Ost-SPD am Wochenende bei einer Klausur im brandenburgischen Schwante beraten hatten. „Aufarbeitung, Anerkennung und Aufbruch“ lautet seine Überschrift. Hierin verlangt die SPD unter anderem einen neuen Pakt für strukturschwache Regionen, neue Bundeseinrichtungen im Osten, schnelles Internet und Mobilfunk zwischen Werra und Oder, eine Angleichung der Löhne in Ost und West sowie eine „eigenständige Grundrente, die spürbar über der Grundsicherung liegt“.

Nahles lobt Problemlösungskompetenz im Osten

Die letzten beiden Punkte hebt SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles im Willy-Brandt-Haus besonders hervor. Es gehe darum, „die Lebensleistung der Ostdeutschen anzuerkennen“. Deshalb wolle die SPD „die Ungleichheit bei Löhnen und Renten beseitigen“. Nahles zeigt sich beeindruckt von der „Problemlösungskompetenz“ der Ostdeutschen, welche diese nach der Wende 1989 immer wieder bewiesen hätten. Das stimme sie zuversichtlich, dass im Osten „viel möglich ist“.

Optimistisch zeigt sich auch Martin Dulig, der Vizeministerpräsident und Wirtschaftsminister Sachsens. Für die Ostdeutschen habe sich nach dem Mauerfall 1989 in kürzester Zeit „die ganze Welt geändert“. Dulig betont den Fleiß und die Ausdauer vieler Ostdeutscher, trotz immer wieder unterbrochener Erwerbsbiografien. Diese Lebensleistung müssten endlich anerkannt werden, dafür müsse es auch eine „monetäre Wertschätzung“ geben, etwa bei der Rente.

Tiefensee will Innovationsschmiede Ost

„Der Osten soll Innovationsschmiede werden“, fordert Wolfgang Tiefensee, der Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Thüringens. Er wünscht sich mehr Anerkennung für ostdeutsche Unternehmensgründer. Die Kapazitäten des Mittelstandes in den neuen Ländern seien immer noch zu schwach. Tiefensee sieht einen entscheidenden Unterschied zwischen Ost und West darin, dass strukturschwache Gebiete im Westen die Ausnahme im Osten aber die Regel seien. Um so wichtiger sei die Unterstützung durch die Politik, etwa beim Ausbau des Glasfasernetzes. Dann könne sich auch der Osten dem Ziel nähern, drei Prozent in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Einen zentralen Unterschied zu den Ost-Konzepten der CDU sieht SPD-Chefin Andrea Nahles übrigens darin, dass die Sozialdemokratie die niedrigen Löhne im Osten thematisiere, während die Union hierzu schweige. Die SPD werde diesen Punkt mit Nachdruck vertreten. Hier werde es sicherlich innerhalb der Großen Koalition in Berlin noch einiger „Auseinandersetzungen bedürfen“.

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