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So trauert die SPD um Hans-Dietrich Genscher

Nach dem Tod von Hans-Dietrich Genscher gibt es in der SPD Trauer und Anteilnahme. Viele Jahre war Genscher ein geachteter Partner der Sozialdemokratie. Bis es zum Bruch kam.
von Lars Haferkamp · 1. April 2016
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Zahlreiche prominente Sozialdemokraten haben nach dem Tod von Hans-Dietrich Genscher ihre Trauer bekundet. „Die deutsche Sozialdemokratie verneigt sich mit großem Respekt vor dem Lebenswerk Hans-Dietrich Genschers“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. „Wir werden ihn als herausragenden Staatsmann in Erinnerung behalten. Mit ihm verliert unser Land einen der ganz großen Liberalen, einen Anwalt der Verständigung und der steten Annäherung und eine einzigartige Persönlichkeit.“

Genscher hat „das Ansehen unseres Landes gemehrt“

Der Verstorbene „habe das Ansehen unseres Landes in der Welt gemehrt und sich mit seinem langjährigen Wirken enorme und bleibende Verdienste erworben". Für Gabriel bleibt, „die Einbindung Deutschlands in ein freiheitliches und friedliches Europa eine große historische Errungenschaft, an deren Zustandekommen er entscheidenden Anteil hatte".

SPD-Vize Ralf Stegner erklärte via Twitter: „Mit Hans-Dietrich Genscher starb einer der prägendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, die Nachricht vom Tod Genschers habe ihn „tief bewegt und mit großer Trauer erfüllt“. „Ein großer Deutscher und ein großer Europäer ist heute von uns gegangen“,  so Steinmeier. Genscher habe in seinem langen und bewegten Leben „buchstäblich Geschichte geschrieben“. Ein Platz in den Geschichtsbüchern sei ihm sicher.

Niemand war länger deutscher Außenminister

Die Überwindung der Teilung Deutschlands und der Spaltung Europas sei ihm eine lebenslange Aufgabe. „Niemand war länger deutscher Außenminister als Hans-Dietrich Genscher. Ihm war es vergönnt, die deutsche Wiedervereinigung, das große politische Ziel seines Lebens selber zu verwirklichen und auch die Vollendung der deutschen Einheit zu Lebzeiten noch begleiten zu können.“

Bundesjustizminister Heiko Maas erklärte, „Deutschland verliert einen großen Staatsmann“. Auf seinem Twitter-Account zitierte Maas den Verstorbenen: „Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts, schützt die Interessen aller Staaten am besten.“

Dreizehn Jahre war Genscher Koalitionspartner der SPD. In der Regierung Willy Brandt von 1969 bis 1974 als Bundesinnenminister, in der Regierung Helmut Schmidt von 1974 bis 1982 als Außenminister und FDP-Vorsitzender.

Genscher wollte 1982 die „Wende“

Mit der von Genscher 1982 durchgeführten „Wende“ der FDP von der SPD zur CDU/CSU und dem Sturz Helmut Schmidts durch ein Misstrauensvotum von Union und FDP trat ein Bruch ein im Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Liberalen, der bis heute nicht überwunden scheint.

Auch Genschers persönliches Ansehen in der SPD und bei den Anhängern eines sozial-liberalen Kurses fiel in den 1980er Jahren auf einen Tiefpunkt. Zahlreiche Liberale verließen die FDP und traten der SPD bei, etwa Günter Verheugen und Ingrid Matthäus-Maier. Viele Sozialdemokraten warfen Genscher ein falsches Spiel gegenüber Schmidt und der SPD vor, etwa der frühere Regierungssprecher Klaus Bölling in seinem Bestseller „Die letzten 30 Tage des Kanzlers Helmut Schmidt“.

Sozial-liberale Perspektiven in den Ländern

Das Ende der sozial-liberalen Bundesregierung in Bonn bedeutete auch das Ende zahlreicher sozial-liberaler Landesregierungen. Nur noch selten kam es danach zu Koalitionen von SPD und FDP, etwa in Rheinland-Pfalz und in Hamburg. In Brandenburg und Bremen regierte sogar für eine Legislaturperiode eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen.

Gegenwärtig bemüht sich Malu Dreyer (SPD), die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, um die Bildung einer solchen Ampelkoalition. In Mainz finden Koalitionsverhandlungen statt.

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Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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