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Sieling: „ Ich will einen Neuanfang in der Politik des Senats“

Carsten Sieling soll es machen. Der Bundestagsabgeordnete ist Kandidat der SPD für den Posten des Bremer Regierungschefs. Im Interview mit vorwärts.de sagt er, warum er in die Landespolitik wechselt und wie er das Vertrauen der Bremer zurückgewinnen möchte.
von Kai Doering · 20. Mai 2015
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Sie wollen nächster Bremer Bürgermeister werden. Was hat Sie bewogen, zu kandidieren?

Seit Bremen mein Zuhause ist, habe ich mich hier politisch eingebracht und Verantwortung übernommen. Als Abgeordneter der Bürgerschaft, als Fraktions- und Landesvorsitzender, als Bundestagsabgeordneter. Jetzt will ich als Bürgermeister Verantwortung für eine gute Zukunft Bremens übernehmen.

Der Rückzug von Jens Böhrnsen kam in der vergangenen Woche sehr überraschend. Können Sie seinen Schritt nachvollziehen?

Jens Böhrnsens Entscheidung verdient großen Respekt. Das gilt auch für seine Verdienste als Bürgermeister. Er hat vor acht Jahren Rot-Grün auf den Weg gebracht und Bremen mit Erfolg und Augenmaß regiert. Wir alle sind ihm zu großem Dank verpflichtet.

Die SPD kann sich den Koalitionspartner aussuchen. Mit wem wollen Sie künftig Bremen regieren?

Wir haben uns vor der Wahl klar für die Fortsetzung von Rot-Grün ausgesprochen. Deshalb werden wir zügig die Sondierungen mit den Grünen starten.

Bei der Wahl vor einer Woche ist die SPD abgestürzt. Wie wollen Sie das Ergebnis aufarbeiten?

Wenn nur die Hälfte der Bremerinnen und Bremer zur Wahl geht, steckt die Demokratie in Bremen in einer schweren Krise. Ich habe deshalb eine partei- und fraktionsübergreifende Initiative in Bremen zur Steigerung der Wahlbeteiligung vorgeschlagen. Denn dieses Problem betrifft alle Parteien und darf keinen Demokraten kalt lassen. Ich will einen Neuanfang in der Politik des Senats. Wir müssen die Kritik der Menschen ernst nehmen und verloren gegangenes Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen. Dazu will ich Schwerpunkte in der Arbeit der zukünftigen Regierungskoalition setzen, die zu konkreten Veränderungen und Verbesserungen für die Menschen führen.

Was heißt das genau?

Drei Bereiche stehen für mich im Fokus: Arbeit ist für mich der Schlüssel gegen Armut und Ausgrenzung. Wir wollen die Ausbildungsgarantie schnell umsetzen. Die Jugendberufsagenturen sind dafür ein wichtiger Baustein. Ich werde die öffentlich geförderte Beschäftigung in einem sozialen Arbeitsmarkt voranbringen, um Perspektiven gegen die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit zu eröffnen.
Wir brauchen eine Qualitätsoffensive in der Bildung aus einer Hand. Kita und Schule werden deshalb künftig in einem Ressort gebündelt. Der Unterrichtsausfall muss kurzfristig und spürbar reduziert werden –  mit einer besseren Personalausstattung und echten Strukturreformen. Ich will die Autonomie der Schulen und die Durchsetzungskraft ihrer Leitungen stärken. Ganztagsschulen werden ausgebaut, vor allem in sozial schwachen Quartieren.
Und der Wohnungsbau muss angekurbelt werden – für eine wachsende Stadt. Wir brauchen interessante und qualitativ anspruchsvolle Wohnungen ebenso wie bezahlbaren Wohnraum für jedermann und mehr Wohnheimplätze für Studierende.

Sie wechseln aus dem Bundestag in die Landespolitik. Geben Sie mit dem neuen Amt auch ihre bundespolitischen Ambitionen auf?

Bremen braucht eine starke Stimme im Bund, nicht nur angesichts unserer prekären Haushaltslage. Wir müssen die Solidarität des Bundes und der Länder weiter sichern. Genauso wichtig ist es aber, immer wieder daran zu erinnern, dass die im Grundgesetz festgelegte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht nur ein Lippenbekenntnis sein kann. Ich will mich in Berlin weiter dafür stark machen, alle Möglichkeiten zur Einnahmesteigerung zu nutzen, um eine bessere finanzielle Ausstattung der Länder und Kommunen zu erreichen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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