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Selbstbestimmungsgesetz: Was sich ändert – und was nicht

Am Freitag hat auch der Bundesrat dem Selbstbestimmungsgesetz zugestimmt. Was sich durch das Gesetz für wen ändert – und was nur behauptet wird.

von Kai Doering · 17. Mai 2024
Selbstbestimmungsgesetz: Wer den Eintrag seines Geschlechts ändern will, soll das bald einfach auf Antrag tun können.
Selbstbestimmungsgesetz: Wer den Eintrag seines Geschlechts ändern will, soll das bald einfach auf Antrag tun können.

Was ist das Selbstbestimmungsgesetz?

Das Selbstbestimmungsgesetz regelt künftig das Verfahren, wie trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen den Eintrag ihres Geschlechts und ihren Vornamen im Personenstandsregister ändern können.

Wie war das Verfahren bisher geregelt?

Wollten trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen ihren Namen und/oder den Eintrag ihres Geschlechts ändern, mussten sie sich dafür einem aufwändigen Verfahren und zwei psychiatrischen Begutachtungen unterziehen. Die Kosten dafür mussten sie selbst zahlen. Am Ende entschied ein Gericht darüber, ob Name und/oder Geschlecht geändert werden dürfen. So ist es im Transsexuellengesetz geregelt, das vom Bundesverfassungsgericht schon mehrfach als verfassungswidrig eingestuft wurde.

Was ändert sich mit dem Selbstbestimmungsgesetz?

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz wird das bestehende Verfahren vollständig abgeschafft. Künftig reicht eine „Erklärung mit Eigenversicherung“ gegenüber dem Standesamt aus, um Namen und/oder Geschlecht zu ändern. In dieser Erklärung muss die antragstellende Person versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht und sie sich der Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.

Welche Einschränkungen gibt es?

Will eine trans-, intergeschlechtliche oder nichtbinäre Person ihren Namen und/oder den Eintrag ihres Geschlechts ändern, muss sie dies drei Monate vorher gegenüber dem Standesamt erklären. Für eine erneute Änderung gilt eine Sperrfrist von einem Jahr. Für Minderjährige bis 14 Jahren können die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben. Minderjährige ab 14 Jahre können die Änderungserklärung selbst abgeben. Ihre Wirksamkeit setzt aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraus. Ersatzweise kann das Familiengericht seine Zustimmung geben.

Was müssen andere Personen beachten?

Das sogenannte Offenbarungsverbot untersagt es, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen von trans-, intergeschlechtliche oder nichtbinäre Person auszuforschen und zu offenbaren. So soll ein Zwangsouting verhindert werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Nach Angaben des Justizministeriums ist dennoch sichergestellt, dass sich niemand durch Änderung seines Vornamens der Strafverfolgung entziehen kann.

Was regelt das Selbstbestimmungsgesetz nicht?

Nicht im neuen Gesetz geregelt sind Geschlechtsumwandlungen, auch wenn das in Medien und von Politiker*innen zum Teil behauptet wird. Auch das private Hausrecht wird durch das neue Gesetz nicht angetastet, ebenso wenig wie Regelungen im Sport. Es kann sich also kein Mann als Frau ausgeben, um bessere Wettbewerbsbedingungen zu haben, wie im Vorfeld des Beschlusses der Bundesregierung behauptet wurde.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach der Zustimmung des Bundestags tritt das Selbstbestimmungsgesetz in zwei Stufen in Kraft. Aber dem 1. August kann bereits eine Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens abgegeben werden. Die dreimonatige Anmeldefrist läuft damit. Am 1. November löst das Selbstbestimmungsgesetz dann das Transsexuellengesetz ab.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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