"Schwarz-Gelb hat sich hinter dem Sicherheitsrat versteckt"
Laut Medienberichten lehnt der Bundessicherheitsrat immer mehr Exportanträge für Rüstungsgüter ab. Die Industrie und Teile der Union protestieren. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold verteidigt die restriktive Politik und fordert die Rüstungswirtschaft auf, sich umzustellen.
Mehrere CDU-Abgeordnete werfen Wirtschaftsminister Gabriel eine nicht abgestimmte Kehrtwende vor, weil er Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter restriktiv handhabt. Was hat die Koalition denn vereinbart?
Im Koalitionsvertrag steht, dass wir mehr und schnellere Transparenz bei Rüstungsexporten schaffen wollen. Und es steht auch drin, dass die Exportrichtlinien einzuhalten sind. Genau das tut Sigmar Gabriel. Die Richtlinien verbieten Rüstungsexporte in Diktaturen und in Krisengebiete. Deutsche Waffensysteme sollen nicht von Regierungen benutzt werden können, um die eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Wenn die alte Bundesregierung das anders gehandhabt hat, hat sie damit gegen die Rüstungsexportrichtlinien verstoßen. Übrigens ist der Wirtschaftsminister auch nicht alleine für die Exportgenehmigungen zuständig. Darüber entscheidet der Bundessicherheitsrat, und da sind neben der Bundeskanzlerin die Minister von sieben Ressorts vertreten.
Droht jetzt ein Koalitionskrach?
Nein. Die CDU macht einen großen Fehler, wenn sie glaubt, die strukturellen Probleme der Rüstungswirtschaft seien durch das Einhalten der Exportrichtlinien verursacht. Exporte wird es auch in Zukunft geben. Und auch in der CDU will ja wohl niemand ernsthaft achtlos alles Mögliche in beliebige Staaten exportieren.
Das Problem der Rüstungswirtschaft ist ein anderes. Wir sind jetzt in einer Phase, in der viele große Vorhaben kurz vor dem Abschluss stehen. Und danach kommen bei weitem nicht mehr so viele neue Großprojekte, wie das in den vergangenen 20 Jahre der Fall war. Alle europäischen Staaten werden im Militäretat in den nächsten Jahren sparen müssen. Es steht also per se nicht mehr so viel Geld zur Verfügung für neue Rüstungsgüter. Das kann durch Exporte nicht ausgeglichen werden. Darauf muss sich die Wirtschaft einstellen und ihre Strukturen und Produkte anpassen.
Die Kritik der CDU-Abgeordneten zielt darauf, dass unterbundene Exporte die deutschen Rüstungsunternehmen in Existenznot bringen. Warum braucht Deutschland überhaupt so eine starke, eigene Rüstungsindustrie?
In der Koalition sind wir uns einig, dass wir eine leistungsfähige deutsche Rüstungsindustrie brauchen. Es geht dabei nicht nur um Arbeitsplätze, sondern vor allen um nationale Souveränität. Wenn unsere Unternehmen sich aus der Hochtechnologie zurückziehen, würde das dazu führen, dass wir unsere Technik aus den USA kaufen müssen. Aber erfahrungsgemäß verkaufen die Amerikaner ihre Drohnen und anderen Güter meistens mit einer Blackbox, auf die wir keinen Zugriff haben. Da sind zum Beispiel wichtige Software-Elemente drin. Ohne Zugriff darauf kann man die Technik weder völlig autark steuern noch sie weiterentwickeln.
Bei der Debatte, die wir über die NSA führen, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir uns in hohem Maße von Rüstungsgütern aus den USA abhängig machen wollen. Außerdem gibt es Synergieeffekte zwischen der zivilen und der Rüstungsindustrie. So können unbemannte Fluggeräte ja auch auf dem zivilen Markt eingesetzt werden.
Der Bundestag hat sich vor Kurzem auf neue Transparenzregeln für Rüstungsexporte verständigt. Warum war das notwendig?
Es war notwendig, weil sich die schwarz-gelbe Bundesregierung nach Exportentscheidungen permanent hinter der Geheimhaltungspflicht des Sicherheitsrates versteckt hat. Es ist einer fortgeschrittenen Demokratie unwürdig, dass die Bundesregierung etwas entscheidet, die Öffentlichkeit aber erst eineinhalb Jahre danach durch den Rüstungsexportbericht davon erfährt. Auch wenn die Regierung in schwierige Staaten exportiert hat, hat sie diese Entscheidungen weder erklärt noch begründet. Aber solche Exporte sind nur zu rechtfertigen, wenn man gute außenpolitische Gründe anführen kann. Ein Boot für den Küstenschutz ist sicherlich anders zu bewerten als ein Kampfpanzer oder gar Kleinwaffen, die auch weitergegeben werden können. Künftig muss die Regierung das Parlament zeitnah informieren, also sobald die Entscheidung getroffen wurde. Und damit ist sie auch in der Erklärungspflicht.
Sind weitere Gesetze zu diesem Thema geplant?
Im Koalitionsvertrag steht dazu nichts mehr. Aber es gibt eine Baustelle, um die wir uns kümmern müssen. Kleinwaffen brauchen eine eindeutigere und unauslöschliche Kennzeichnungspflicht. Und sie müssen ins UN-Waffenregister aufgenommen werden.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.