Inland

Rundfunkstaatsvertrag: Gute Chancen für die Sender

Nach der Entscheidung in Sachsen-Anhalt ist die Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf politischem Wege zunächst gescheitert. Deshalb werden die Rundfunkanstalten versuchen, sie beim Bundesverfassungsgericht durchzusetzen – mit guten Chancen.
von Christian Rath · 8. Dezember 2020
Wenn nicht alle Landtage bis zum Jahresende zugestimmt haben, „wird der Staatsvertrag gegenstandslos.“ Eine Klage der Sender vor dem Bundesverfassungsgericht hat gute Chancen.
Wenn nicht alle Landtage bis zum Jahresende zugestimmt haben, „wird der Staatsvertrag gegenstandslos.“ Eine Klage der Sender vor dem Bundesverfassungsgericht hat gute Chancen.

Bisher heißt es im Staatsvertrag zur Rundfunkfinanzierung: „Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird auf monatlich 17,50 Euro festgesetzt.“. Der umstrittene Änderungs-Staatsvertrags soll die Zahl „17,50“ durch die Zahl „18,36“ ersetzen. Es geht also um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent pro Monat.

Im März haben alle Ministerpräsident*innen zugestimmt, nur Rainer Haseloff aus Sachsen-Anhalt hat sich enthalten. Den Staatsvertrag unterschrieb er im Juni dann trotzdem – allerdings mit dem Zusatz „Diese Unterschrift dient dazu, die den 16 Länderparlamenten obliegende Entscheidung zu ermöglichen.“ Inzwischen haben zwölf Landtage zugestimmt, in drei weiteren werden keine Probleme erwartet, nur Sachsen-Anhalt wird am Ende fehlen. Der Verzicht auf eine Abstimmung über die Erhöhung hat am Ende die gleiche Wirkung wie ein „Nein“.

Am 31. Dezember wird der Staatsvertrag gegenstandslos

Der Magdeburger Landtag könnte die Abstimmung auch nicht im nächsten Jahr nachholen, zum Beispiel nach der Landtagswahl im Juni. Denn der Staatsvertrag enthält eine klare Klausel: Wenn nicht alle Landtage bis zum Jahresende zugestimmt haben, „wird der Staatsvertrag gegenstandslos.“ Dann bliebe es also bei der monatlichen Gebühr von 17,50 Euro.

Dagegen werden die ARD-Anstalten Verfassungsbeschwerden einlegen, kündigten sie am Dienstagnachmittag an. ZDF und Deutschlandradio werden wohl folgen. Möglicherweise werden sie noch dieses Jahr auch einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen, um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu erreichen.

Jede Abweichung von der KEF muss gut begründet sein

Die Sender haben dabei gute Chancen, denn das derzeitige System zur Höhe der Rundfunkfinanzierung hat das Bundesverfassungsgericht 1994 selbst vorgegeben. Danach melden die öffentlich-rechtlichen Sender alle vier Jahre ihren Finanzbedarf an. Die Wünsche der Sender werden dann von der unabhängigen „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (KEF) auf Nachvollziehbarkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Diese Feststellung des Finanzbedarfs durch die KEF ist für die Politik weitgehend verbindlich.

Abweichungen sind zwar aus sozialen Gründen möglich, um die Bürger*innen nicht zu überfordern, so Karlsruhe. Auf keinen Fall dürfen Politiker*innen aber auf diesem Wege die Sender abstrafen, wenn ihnen das Programm nicht gefällt. Jede Abweichung von der KEF-Empfehlung muss ausführlich begründet werden und kann vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden.

Das Verfassungsgericht gab den Sendern schon einmal recht

Es gibt auch einen Präzedenzfall: 2007 entschied das Bundesverfassungsgericht auf Klage der Sender, dass die Ministerpräsident*innen die Rechte von ARD und Co. verletzt hatten. Damals hatten die Länder den KEF-Vorschlag von „plus 1,09 Euro“ auf „plus 88 Cent“ reduziert. Die Länder hatten unter anderem argumentiert, es gebe noch mehr Sparpotenzial als von der KEF gesehen. Doch das hielten die Richter für nicht ausreichend begründet.

Wenn Sachsen-Anhalt nun gar nicht abstimmt, gibt es nicht einmal eine Begründung. Das werden die Verfassungsrichter kaum akzeptieren.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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