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PKW-Maut: „Es geht um die Frage, ob Andreas Scheuer das Parlament belogen hat.“

Am Donnerstag wird Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vom Untersuchungsausschuss zur gescheiterten PKW-Maut befragt. Im Raum steht der Vorwurf, er habe den Bundestag belogen. „Der Minister agiert leider widersprüchlich“, sagt SPD-Obfrau Kirsten Lühmann.
von Kai Doering · 30. September 2020
SPD-Obfrau im Maut-Untersuchungsausschuss, Kirsten Lühmann: Der Minister agiert leider widersprüchlich.
SPD-Obfrau im Maut-Untersuchungsausschuss, Kirsten Lühmann: Der Minister agiert leider widersprüchlich.

Am Donnerstag wird Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Maut-Untersuchungsausschuss aussagen. Was wollen Sie von ihm wissen?

Es ist kein gewöhnlicher Vorgang, dass ein Minister nicht erst am Ende eines Untersuchungsausschusses befragt wird. Das ist in diesem Fall anders, weil zuvor Zeugen geladen sind, von denen wir uns Erkenntnisse zu einem ganz wesentlichen Punkt erhoffen: Hätte der Minister die Möglichkeit gehabt, den Vertrag für ein Mautsystem erst dann zu unterzeichnen, wenn der Europäische Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Maut entschieden hat. Im Bundestag hat Andreas Scheuer klipp und klar gesagt, dass es ein solches Angebot nicht gab. Es gibt aber Hinweise, dass das nicht stimmen könnte. Es geht also um die Frage, ob der Minister das Parlament belogen hat. Wenn die Zeugen berichten, dass sie ein Angebot für eine spätere Vertragsunterzeichnung gemacht haben, muss Andreas Scheuer erklären, warum er das dem Bundestag gegenüber anders dargestellt hat.

Wie haben Sie Andreas Scheuer bisher in dieser Sache erlebt?

Der Minister agiert leider widersprüchlich. Neben der Frage, ob er im Bundestag die Unwahrheit gesagt hat, möchte ich wissen, ob Andreas Scheuer alles dafür getan hat, an den günstigsten Weg für ein Maut-System zu finden. Es scheint mir eher so, dass es ihm vor allem darum ging, die Maut möglichst schnell einzuführen.

Kann Andreas Scheuer im Amt bleiben, wenn er die Unwahrheit gesagt hat?

Wenn Andreas Scheuer den Bundestag nachgewiesenermaßen belogen hat, hätte er ein Glaubwürdigkeitsproblem. Es liegt dann aber nicht an mir oder der SPD, dass daraus kein Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung wird. Dafür wäre dann der Koalitionspartner und vor allem CSU-Chef Markus Söder verantwortlich. Wir dürfen Andreas Scheuer allerdings auch nicht vorverurteilen. Es geht mir im Untersuchungsausschuss um eine ehrliche und gründliche Aufklärung der Vorwürfe und nicht darum, auf Teufel komm raus einen Minister zu Fall zu bringen.

Die SPD war immer gegen die PKW-Maut, hat letztendlich aber im Bundestag zugestimmt. Warum eigentlich?

Wir hatten damals klare Kriterien, unter denen wir der PKW-Maut zugestimmt haben. Die eine war, dass kein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug stärker besteuert wird als bisher. Die zweite, dass die Maut einen erheblichen Anteil zum Ausbau der Straßeninfrastruktur leistet und die dritte, dass die Maut europarechtskonform ist. Diesen dritten Punkt konnten wir zum Zeitpunkt der Abstimmung im Bundestag noch nicht abschließend klären, weil der EuGH keine Absichten prüft, sondern nur fertige Gesetze. Deshalb hat die SPD das Gesetz mitgetragen, obwohl wir bereits die Vermutung hatten, dass es gegen Europarecht verstößt. Letztlich hat der EuGH unsere Zweifel bestätigt.

Sie haben bereits im Sommer kritisiert, das Bundesverkehrsministerium habe die europarechtlichen Risiken der PKW-Maut unzureichend berücksichtigt. Wie konnte es dazu kommen?

Auch das ist eine wesentliche Frage, mit der wir uns im Untersuchungsausschuss beschäftigen. Wir wollen wissen, ob dem Minister bei Vertragsunterzeichnung klar gewesen ist, was passieren wird, sollte der Europäische Gerichtshofs die Pkw-Maut kippen. Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass es vor Vertragsunterzeichnung einen ungeheuren Druck gab. Woher der genau kam, wollen wir mit der Befragung des Ministers ebenfalls herausfinden. Mir scheint es, als wollte Andreas Scheuer unbedingt, dass die Maut vor dem Wahljahr 2021 reibungslos läuft.

Die Maut-Betreiber fordern Schadensersatz in Höhe von 560 Millionen Euro. Kann das Ergebnis des Untersuchungsausschusses auf den Ausgang des Verfahrens einen Einfluss haben?

Nein, das sind zwei komplett voneinander getrennte Verfahren. Unser Untersuchungsauftrag ist allein die Frage, wie es zu dem Vertrag gekommen ist und ob dabei alles mit rechten Dingen abgelaufen ist. Ob und in welcher Höhe eine Entschädigung berechtigt ist, darüber entscheiden wir nicht.

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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