NPD-Verbotsverfahren: „Demokratie ist kein zahnloser Tiger“
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Herr Dahlemann, kommt das Verbotsverfahren jetzt, wo die NPD im Niedergang begriffen, nicht eigentlich viel zu spät?
Die NPD im Niedergang? Schön wär’s! Auch ich hätte mir gewünscht, dass das Verfahren deutlich früher kommt. Aber diesmal wollen wir ja hoffen, dass alle Hausaufgaben richtig und gründlich gemacht worden sind. Gerade jetzt, wo wir diese ganzen Debatten um Rechtspopulismus und Rechtsextremismus haben, ist es umso wichtiger, dass wir das NPD-Verbotsverfahren kriegen. Es geht auch darum, allen anderen, die am Rande der Volksverhetzung ihre Reden schwingen, ein deutliches Signal zu geben.
In Mecklenburg-Vorpommern sitzt die NPD mit fünf Abgeordneten im Landtag. Aus dem alltäglichen Erleben: Wie lässt sich ein Verbotsverfahren gegen die Partei begründen?
Man muss sich eigentlich nur auf die Besuchertribüne des Landtages setzen. Jede Sitzung ist begleitet von Anträgen der NPD-Fraktion zum Thema Asyl. Mit einer sachlichen Auseinandersetzung haben die nur sehr wenig zu tun. Kommt der Antragstext noch harmlos daher, sind die Begründungsreden von Menschenverachtung geprägt. Gerade nach dem Aufkommen der AfD nimmt die NPD in ihren politischen Reden nur noch sehr selten ein Blatt vor den Mund.
AfD und Pegida tragen also zur Radikalisierung der NPD bei?
Definitiv! Wenn man sich Bewegungen wie MVgida ansieht, die zu den extremsten Pegida-Gruppen Deutschlands zählt, dann fällt auf, dass hochrangige Vertreter der NPD dort mitmischen und sich deutlich von den ‚gesitteten Rechtspopulisten’ abgrenzen wollen. Das macht die schon nervös das Thema, das kann man wahrnehmen.
Was spricht aus Ihrer Sicht für ein Verbot der NPD?
Zunächst zeigen wir, dass die Demokratie kein zahnloser Tiger ist. Das Zeichen wäre, dass wer permanent gegen unsere Verfassung und unsere Grundwerte verstößt, mit Konsequenzen rechnen muss. Gleichzeitig verlieren die Rechtsextremen ihren Zugang zur staatlichen Parteienfinanzierung. An die vielen Menschen im Land, die die NPD für eine normale Partei halten, wäre es ein deutliches Zeichen, dass sie genau das eben nicht ist.
Wie groß ist die Gefahr, dass die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nach einem möglichen NPD-Verbot abgehakt wird?
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus muss weiter gehen. Nur weil die Partei verboten ist, heißt es noch lange nicht, dass die Menschen nicht auch weiterhin anfällig sind für die rechtsextreme Propaganda. Die spannende Frage wird sein, wo es die politischen Mandatsträger der Rechtsextremen hinzieht. Versuchen sie die AfD weiter zu kapern und diese eventuell zu übernehmen, dann stehen wir an genau der gleichen Ausgangssituation wie jetzt auch.
Kritiker monieren, dass Verbotsverfahren öffne der NPD die Bühne zur Selbstinszenierung. Haben sie Recht?
Die dürfen die ganz große Bühne und das ganz große Theater kriegen. Aber wenn der Vorhang fällt und die Partei verboten ist, dann müssen die Leute klatschen. Dann ist das für die Demokratie ein Erfolg.