Nur für jeden achten Beschäftigten gilt noch die "Normalarbeitszeit": zwischen 35 und 42 Stunden, von montags bis freitags ohne Schichtdienst, Überstunden oder Gleitzeit. Seit 1989 hat sich
diese Quote halbiert, so die eine Analyse der Arbeitszeitforscher Dr. Hartmut Seifert, Dr. Hermann Groß und Georg Sieglen, drei Experten aus dem
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
Extreme Flexibilisierung
40 Prozent aller Beschäftigten seien von "extremer Flexibilisierung" betroffen. Als "extrem flexibel" definieren sie drei Arbeitszeitmuster: "Überlange Wochenarbeitszeiten" von mehr als 42
Stunden, die im Jahr 2003 rund 29 Prozent aller Beschäftigten zu bewältigen hatten. Bei 15 Prozent schwankte die Arbeitszeit um mindestens 20 Stunden in der Woche. Knapp sechs Prozent der
Beschäftigten mussten sich mit Mehrschicht- und Nachtarbeit arrangieren.
Schlechte Bedingungen für Familien
Während "überlange Arbeitszeiten" von mehr als 42 Wochenstunden vor allem bei allein stehenden Männern vorkommen, sind Beschäftigte mit stark schwankenden Arbeitszeiten oder extremer
Schichtarbeit häufig in mittleren Jahren. Sie leben häufig in Paarhaushalten und haben überdurchschnittlich oft Kinder. Für sie dürfte sich "Vereinbarkeit von Beruf und Familie kaum erzielen
lassen", warnen die Forscher.
Zeitguthaben und Vetorecht
Notwendig sei eine "Neuausrichtung staatlicher und tariflicher Arbeitszeitpolitik", sowie eine "Reformulierung der Normalarbeitszeit, die sich stärker an den praktizierten Formen der
Arbeitszeitgestaltung orientiert, ohne dabei ihre traditionellen Schutzfunktionen aufzugeben", schreiben die Wissenschaftler. Einen Ansatzpunkt könnten bessere Regeln für die Arbeitszeitkonten
bieten. Man müsse den Beschäftigten gesicherte Wahlmöglichkeiten für die Nutzung von Zeitguthaben einräumen und Vetorechte schaffen, die Beschäftigte vor beliebigen Zugriffen der Betriebe schützen,
so WSI-Forscher Hartmut Seifert.
Quelle: WSI-Mitteilungen 4/2007
Arbeit-Zeit-Politik
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.