Inland

Neonazis verprügeln Schauspieler - Polizei lässt Täter gehen

von Stefan Grönebaum · 11. Juni 2007
placeholder

Bei einem Überfall auf offener Straße wurden mehrere Schauspieler von Neonazis derart verprügelt, dass fünf von ihnen im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das Ensemble des Nordharzer Städtetheaterbundes hatte im benachbarten Bergtheater Thale das Stück "Rocky Horror Picture Show" gegeben und wollte anschließend in der Stadt Halberstadt im Ostharz noch ein Bier trinken. Gegen drei Uhr nachts stürmten acht Männer in schwarzer Kleidung mit kurzen Haaren auf die Schauspieler los, berichtete die Dramaturgin Aud Merkel. "Mit ihren Springerstiefeln haben sie auf Kollegen eingetreten, die schon blutend am Boden lagen." Fünf Schauspieler zwischen 19 und 32 Jahren erlitten erhebliche Verletzungen, u.a. einen Nasenbeinbruch, den Verlust mehrerer Zähne sowie Prellungen und Blutergüsse. Offenbar hatte es ausgereicht, dass einer der Schauspieler noch eine Punkfrisur aus seiner Bühnenrolle trug.

Die Schauspieler kritisierten das zögerliche Verhalten der Polizei und erhoben Dienstaufsichtsbeschwerde. Die Beamten hätten mehrfach Hinweise missachtet, dass die Täter noch auf der anderen Straßenseite standen, Einer der Hauptverdächtigen, ein 22-jähriger Halberstädter, der bereits mehrfach straffällig geworden ist, wurde am Tatort festgenommen, seine Personalien wurden aufgenommen und er wieder freigesetzt. Gegen ihn wird wegen gefährlicher Köperverletzung ermittelt. Nach sieben weiteren Mittätern fahndet die Polizei, Sie erklärte, es gebe in Halberstadt Neonazis, aber nicht in Kameradschaften organisiert, was Torsten Hanel von der "Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt" massiv in Abrede stellte: Halberstadt sei ein Neonazi-Schwerpunkt.

Die Polizei wollte die Vorwürfe "sehr ernst nehmen und sie genau prüfen." Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) räumte Fehler der Polizei ein: "Das ist ein eindeutiges Fehlverhalten, der Mann hätte sofort festgenommen werden müssen." Katrin Budde, Fraktionschefin der SPD im Magdeburger Landtag, nannte das "Verhalten der Schläger barbarisch, das der Polizisten erschreckend." Die Täter müssten schnell ermittelt und abgeurteilt und das "unverständliche und, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, skandalöse Verhalten der Polizisten aufgeklärt und entsprechend geahndet werden."

Quellen: DIE WELT; Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung vom 11. Juni, Pressemitteilung "Schläger in Halberstadt" der SPD-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, franz.staenner@spd.lt.sachsen-anhalt.de

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare