Nahles zur Flüchtlingspolitik: „Humanität und Realismus gehen zusammen“
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In der Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt der Kanzlerin hat Andrea Nahles die Linie der SPD in der Flüchtlingspolitik deutlich gemacht. Nach der Einigung von CDU und CSU auf eine gemeinsame Linie sagte die Partei- und Fraktionschefin, „es ist gut, dass nun alle Teile der Bundesregierung zur ordentlichen Regierungsarbeit zurückkehren möchten. Wir begrüßen das sehr“.
Nahles erinnert an den Koalitionsvertrag
Es gebe allerdings keinen Grund, in der Flüchtlingspolitik „einen anderen Regierungsstil zu pflegen“, als in den anderen Politikbereichen. „Wir brauchen auch keine Masterpläne, wir brauchen gutes Handwerk, damit endlich das umgesetzt werden kann, was wir gemeinsam verabredet haben. Und die Basis dafür ist der Koalitionsvertrag.“
Nahles stellte klar: „Seit dem Unterzeichnen des Koalitionsvertrages am 12. März hat sich in der Flüchtlingsfrage keine neue Sachlage ergeben.“ Wer darüber hinaus gehende Vorschläge habe, „muss diese vorstellen, begründen und mit dem Koalitionspartner abstimmen“. Am Beginn eines solches Prozesse sei man nun.
Fünf-Punkte-Plan der SPD
Die SPD habe in ihrem Fünf-Punkte-Plan ihre Position klargemacht. „Humanität und Realismus gehen zusammen“, betonte die Partei- und Fraktionschefin. Das werde man auch im Regierungsalltag beweisen. Die Grundsätze seien klar: „keine nationalen Alleingänge, rechtsstaatliche Verfahren müssen eingehalten werden, geschlossene Lager lehnen wir ab.“
Andrea Nahles forderte, „dass wir endlich zu einer neuen Logik in der Zuwanderungspolitik kommen müssen“. Ordnende, steuernde Prinzipien und humane Prinzipien seien dabei nötig. „Und deswegen ist es jetzt wirklich dringend, dass wir endlich ein Einwanderungsgesetz in dieser Regierung auf den Weg bringen. Das ist für uns eine hohe Priorität.“
Aufbruch, Dynamik und Zusammenhalt
Die Partei- und Fraktionschefin sagte, der Anspruch der Koalition an sich selbst sei das Motto des Koalitionsvertrages „ein neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschland und ein neuer Zusammenhalt für unser Land“. Daran werde man sich auch messen lassen.
Die deutsch-französischen Regierungsbeschlüsse von Meseberg als Reaktion auf die Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron seien „ein neuer Aufbruch für Europa“.
Wichtige Verbesserungen in der Sozialpolitik
Auch für einen neuen Zusammenhalt im Land „hat diese Regierung wirklich viel erreicht“. So sei ab Januar die Parität der Beitragszahlung zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder hergestellt. „Das ist eine Entlastung von sieben Milliarden Euro für Beschäftigte und Rentner“, betonte Nahles. Ebenso sei das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit durchgesetzt und ermögliche insbesondere Millionen von Frauen ein Entkommen aus der „Teilzeitfalle“. Bei der Pflegeausbildung sei endlich bundesweit Schulgeldfreiheit erreicht worden.
Neue Dynamik in Deutschland werde angestoßen durch die geplante Abschaffung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern in der Bildungspolitik. Nahles appellierte an Grüne und FDP, der entsprechenden Änderung des Grundgesetzes, für die eine Zwei-Dritte-Mehrheit benötigt wird, zuzustimmen.
Mehr netto für Arbeitnehmer, Rentner und Familien
Mit dem bereits beschlossenen Familienentlastungsgesetz steige das Kindergeld. Andrea Nahles verwies weiter auf die eingeführte Eine-für-alle-Klage, die die Chancen für Konsumenten auf Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche verbessert, etwa im aktuellen Diesel-Skandal.
„Mehr netto also für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner und Familien, mehr Rechte für Beschäftigte und Verbraucher“, resümierte die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende. „Das war jetzt eigentlich kein schlechter Start in diese Regierung.“
Wichtige Gesetze verzögert durch Unionsstreit
Sie räumte allerdings ein, „leider ist der Regierungsmotor in den letzten drei Wochen ins Stottern geraten“. Anstatt weiter zu regieren, „wurden wesentliche weitere Gesetzesvorhaben in den regierungsinternen Abstimmungen verzögert“, kritisierte Nahles die Unionsparteien, ohne sie ausdrücklich zu erwähnen. Sie nannte als Beispiele das Gute-Kita-Gesetz, den Sozialen Arbeitsmarkt und die gesetzlichen Maßnahmen zum Stopp von existenzbedrohenden Mieterhöhungen. „Die SPD-Fraktion erwartet, dass es jetzt hier voran geht bei diesen Themen“, so Andrea Nahles an die Adresse des Koalitionspartners.