Inland

Misstrauen macht krank

von Thomas Köcher · 11. September 2009
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Als das Einzige und Beste, welches es bis jetzt im Bereich Patientenrechte gibt, bezeichnete die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Heidi Merk, den Wegweiser in ihrem Grußwort. Die Gesellschaft benötige aufgeklärte Menschen und dazu trüge diese Broschüre bei. Sie sei sehr informativ, ohne zu umfangreich zu sein. Sie sei gut strukturiert. So werde ein klarer Überblick vermittelt.

Gesundheit schädigende soziale Ausgrenzung

"Wir haben ein undurchsichtiges Gesundheitssystem, in welchem jeder abkassieren will," kritisierte Dr. med. Ellis Huber. Die Bundesrepublik Deutschland erlebe einen dramatischen Wandel der Krankheitsbilder. Ältere, aber auch immer mehr jüngere Menschen würden an Depressionen erkranken. Dass soziales Unwohlsein schädlich für die Gesundheit sei, darüber werde in der Öffentlichkeit jedoch nicht geredet. Rauchen und Rückenleiden seien Themen, aber nicht die soziale Ausgrenzung, bemängelte Huber.

Um einen Patienten zu heilen, müsse dieser in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Körper und Geist gehören zusammen, so Huber weiter. Es gebe durchaus neue Wege, Krankheiten zu bewältigen, wenn die Autonomie des Patienten gestärkt würde. Dafür sei es notwendig, dass jeder Mensch bei unserem Gesundheitssystem den Durchblick erhalte.

"Die Ärzte und der zu Behandelnde müssen Hand in Hand gehen. Sie dürfen keine Geheimnisse voreinander haben", sagte Huber. Zugleich müsse der Staat mehr innovative Methoden finanzieren.

Gesundheitssystem von morgen

Huber forderte ein Netzwerk aus paritätischen Angeboten und Dienstleistungen. Der Staat solle für jeden Bürger 2.400 Euro im Jahr für die Krankenkassen zur Verfügung stellen. Das Geld sei vorhanden. Die Tragik des Systems bestehe darin, dass es viel Angst und Misstrauen gebe. Daraus resultierten Kontroll- und Überwachungswahn. "Wenn man die Verwaltungskosten mit hinzuaddiert, dann werden dafür 50 Prozent der vorhandenen Mittel verwendet. Gäbe es Vertrauen zwischen Patienten, Krankenkassen, Ärzten, Therapeuten und Krankenhäusern, könnte man 30 Prozent der Mittel für Bildung und bessere Gesundheit ausgeben."

Beispielregion "Gesundes Kinzigtal"

Die Vorschläge von Dr. Huber erschienen manchem als Utopie, doch im Kinzigtal existiert solches System bereits. Zahlreiche Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen schlossen sich zusammen und bauten ihr Misstrauen gegeneinander ab. Ihre Initiative haben sie "Gesundes Kinzigtal" genannt.

"Durch effiziente Koordination, innovative Programme und leitliniengerechte Behandlung können unnötige Ausgaben im Gesundheitswesen eingespart werden," heißt es auf ihrer Internetseite. Auf diese Art und Weise konnten im Jahr 2008 die Krankenkassen im Kinzigtal 1,5 Millionen Euro in die Hand nehmen und den Ärzten geben. Die gehen in Schulen, Kindergärten und Altenheime und schulen die Menschen. Sie bringen ihnen bei, gesunde und aktive Gesundheitsvorsorge zu betreiben.

"So sieht unser System von morgen aus. Die Broschüre macht dazu einen ersten Anfang", unterstrich Huber.

Dr. med. Ellis Huber. Foto: Köcher

Die Broschüre "Ihre Rechte als Patient - ein Wegweiser durch das Gesundheitssystem" kann im Buchhandel oder im Internet bestellt werden. Sie kostet 3,90 Euro.

"Gesundes Kinzigtal" im Internet:

http://www.gesundes-kinzigtal.de/

Autor*in
Thomas Köcher

Ich studiere Kulturwissenschaften an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder) mit den Schwerpunkten Kulturgeschichte und Sozialwissenschaften. Ich lerne dort ebenfalls Englisch und Spanisch. In meiner Freizeit bin ich "ganz normal" wie andere auch: Ich spiele Fußball, gehe gerne weg oder verbringe Zeit mit meinen Freunden.

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