Vorteilsnahme und Korruption im öffentlichen Amt ist ein schwerwiegender Vorwurf und eine schwere Beschädigung des Amtes sowie des Ansehens unserer Demokratie. Um es gar nicht soweit kommen zu lassen und um den Bürgerinnen und Bürger das nötige Vertrauen in eine funktionierende Demokratie geben zu können, müssen sie zu Recht wissen, wem sie Ihre Stimme geben und welchen Einflüssen Abgeordnete, Regierungsmitglieder und Bundesbeamte unterworfen sind. Das einzige Mittel, um unberechtigtem Misstrauen schon im Vorfeld entgegenzutreten zu können, ist Transparenz und Offenheit. Fehlverhalten muss entsprechend geahndet werden. Gemeinsam mit dem Netzwerk Berlin fordere ich deshalb die Schaffung von mehr Transparenz im Regierungshandeln und die stärkere Regulierung von Lobbyismus.
Ehrenkodex für Minister
Das Grundgesetz verbietet zwar in Artikel 66 eine anderweitige Berufstätigkeit für - im Amt befindliche - Bundesminister/-innen. Eine vergleichbare Regelung für ehemalige Bundesminister/-innen existiert aber nicht. Das Bundesministergesetz beinhaltet unter anderem Vorschriften über die Rechte und Pflichten ehemaliger Bundesminister/-innen, kennt jedoch auch keinerlei Berufsverbot für frühere Bundesminister/-innen. Mit einem Ehrenkodex können ausscheidende Mitglieder der Bundesregierung moralisch entlastet werden, so dass über die Lauterkeit der neuen beruflichen Tätigkeit von ehemaligen Regierungsmitgliedern keine Zweifel aufkommen können.
Die Beschädigung eines Regierungsamtes, wenn auch erst rückwirkend, muss verhindert werden. Um die berufliche Tätigkeit von aus ihrem Amt ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern zu regeln, ist der Verhaltenskodex für die Mitglieder der Europäischen Kommission als Vorbild bestens geeignet. Eine Selbstverpflichtung im Sinne eines Ehrenkodex ist einer gesetzlichen Regelung vorzuziehen. Der Verhaltenskodex für die Regierungsmitglieder sieht vor, dass Mitglieder der Bundesregierung, die aus ihrem Amt ausscheiden und beabsichtigen, innerhalb von 12 Monaten eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen haben. Das betrifft nicht die Annahme von öffentlichen Ämtern oder Mandaten und nicht die Rückkehr in die vorherige berufliche Tätigkeit.
Die Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler prüft die Art der geplanten Tätigkeit. Steht diese in Zusammenhang mit dem Ressort, das das betreffende Mitglied während seiner gesamten Amtszeit geleitet hat, holt sie die Stellungnahme einer eigens zu diesem Zweck eingesetzten Ethikkommission ein. Entsprechend den Ergebnissen dieser Prüfung entscheidet die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler, ob die geplante Tätigkeit mit der Unabhängigkeit des Mitglieds der Bundesregierung vereinbar ist. Mitglieder der Bundesregierung müssen außerdem alle finanziellen Interessen und Vermögenswerte angeben, die zu Interessenkonflikten bei der Ausübung ihres Amtes führen könnten.
Mehr Transparenz mit Lobbyregister
Wichtig ist es, dem Miteinander von Politik und Verwaltung mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft mehr Transparenz zu verschaffen. Vertrauen in die Legitimität staatlicher Entscheidungen setzt Transparenz voraus, jedoch ist gerade die Mitwirkung unterschiedlichster organisierter Interessen an der Gestaltung von Politik weitgehend intransparent. Deshalb fordere ich ein gesetzliches Lobbyregister in das sich alle Interessenvertreter eintragen müssen. Durch ein Lobbyistenregister wird eine doppelte Registrierungspflicht von Personen und Organisationen geschaffen, zu deren Tätigkeiten die Vertretung von Interessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und den Bundesbehörden gehört.
Zu den offenlegungspflichtigen Angaben gehören neben allgemeinen Angaben der Interessenvertreter/-innen sowie deren Tätigkeitsbereiche insbesondere die Angabe der Auftraggeber/-innen, Mitarbeiter/-innen, möglicher Subunternehmer/-innen sowie Informationen zu den Finanzierungsquellen und den Budgets für Interessenvertretung zu den Angaben, die bei Registrierung zu machen und im Internet zu veröffentlichen sind. Wichtig ist eine hinreichende Bestimmtheit der offenzulegenden Angaben sowie die Schaffung eines abgestuften Sanktionsmechanismus mit einer Geldbuße von bis zu 200.000 Euro durch einen Ordnungswidrigkeitstatbestand.
Der Deutsche Bundestag wird außerdem gesetzlich beauftragt, einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter mit Grundregeln für die Wahrnehmung ihrer Tätigkeit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität zu beschließen. Im Lobbyistenregister wird die freiwillige Annahme oder Nicht-Annahme des Kodex öffentlich einsehbar vermerkt, so dass ein starker Anreiz zur Unterwerfung unter den Kodex existiert. Individuelles Fehlverhalten registrierungspflichtiger Interessenvertreter/-innen steht im Blickpunkt einer kritischen Öffentlichkeit.
Berichte über den Einsatz externer Berater
Ein weiterer Bestandteil ist die Forderung nach mehr Transparenz beim Einsatz externer Berater in Bundesministerien. Der Bundesrechnungshofs stellte in seinem Bericht von 25. März 2008 fest, dass 16 % aller externen Personen in der Bundesverwaltung aus Privatunternehmen und Verbänden stammen. So weist der Bundesrechnungshof folgerichtig auf Risiken hin, die zum Verlust des Vertrauens auf neutrales staatliches Handeln führen könnten. Dem ist - soweit möglich - auch parlamentarisch zu begegnen. Der unmittelbare Einfluss des Deutschen Bundestages ist dabei begrenzt. Dieser kann aber gegenüber der Bundesregierung in Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion Transparenz einfordern und damit eine größere Zurückhaltung beim Einsatz externer Personen bewirken. Wichtiger und benötigter externer Sachverstand darf dabei nicht verloren gehen.
Ebenso gilt es, Interessen von gemeinwohlorientierten Verbänden von denen zu unterscheiden, die letztlich der Gewinnmaximierung dienen. Ich fordere die Bundesregierung auf, mehr Transparenz herzustellen, indem sie beispielsweise die Berichte zum Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung im Internet veröffentlicht und der Entwicklung auf europäischer Ebene folgend jedem Gesetzentwurf eine "legislative Fußspur" beifügt, indem aus dem Vorblatt hervorgeht, ob und wenn ja welche externen Personen einen signifikanten Beitrag bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs geleistet haben. Außerdem fordere ich, den Empfehlungen des Haushaltsausschusses zu folgen und den vom Haushaltsgesetzgeber gebilligten Rahmen für den Personaleinsatz in den Behörden mit Hilfe von externen Personen nicht zu umgehen und sich dadurch der Kontrolle durch den Haushaltsausschuss zu entziehen.
Schließlich spreche ich mich gegen Korruption und Abgeordnetenbestechung aus. Um Fälle in den Griff zu bekommen, wo über den sog. "leistungslosen Arbeitsvertrag" Zahlungen an Abgeordnete vorgenommen werden, ist eine Verschärfung von § 108 e Strafgesetzbuch (Abgeordnetenbestechung) zwingend geboten. Nur eine solche Strafverschärfung § 108 e Strafgesetzbuch macht auch die Unterscheidung zu Arbeitsverträgen mit Gegenleistung möglich.
PARLAMENTARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION, VORSITZENDER DER SPD-LANDESGRUPPE BADEN-WÜRTTEMBERG