Inland

Löten leicht gemacht

von Susanne Dohrn · 20. Dezember 2011

Im Nachhinein sieht alles vorausschauend und zielgerichtet aus. Ein Unternehmen lädt Kinder zwischen 8 und 14 Jahren in den Ferien ein, sich mit Technik vertraut zu machen. Sicher, weil qualifizierter Nachwuchs schwer zu bekommen ist und Firmen also rechtzeitig anfangen müssen, Menschen für sich zu begeistern. Vor allem ein Mittelständler in der nordrhein-westfälischen Provinz.

Und doch war alles ganz anders, „ganz unspektakulär“, wie Jens Bitterlich erzählt. Er ist zusammen mit seinem Bruder Jörg Geschäftsführer der IBF, die 1960 als Ingenieur-Büro-Freudenberg gegründet wurde. Das Unternehmen baut Maschinen für Automationsprozesse.

Im Jahr 2006 besuchten die Brüder die „Nacht der Technik“ der Handwerkskammer Koblenz. Dort sahen sie, wie Kinder spielerisch mit Technik vertraut gemacht wurden und mit welcher Begeisterung sie dabei waren. „Das machen wir auch“, beschlossen sie ganz spontan, ohne zu wissen, worauf sie sich einließen. „Als wir an die Umsetzung gingen, stellten wir fest, dass das eine Großbaustelle ist“, erinnert sich Jens Bitterlich.

Damit es in den Osterferien 2007 losgehen konnte, gestalteten die EDV-Spezialisten der IBF quasi über Nacht eine Internetseite. Die Organisation, also beispielsweise die Telefonate mit den Eltern, die Anmeldungen etc. delegierten die Bitterlichs an einen Kooperationspartner im Ort, den Verein Freudenberger Kids, kurz Frids. Für die Praktika gingen sie eine Kooperation mit dem Fachbereich Techniklehre der Universität Koblenz-Landau ein. Dort hatte Martin Fislake ein Konzept für Kinder-Technik-Camps entwickelt. Seine Studenten betreuen die Camps nun im Rahmen ihrer Praktika.

In „Löten leicht gemacht“ lernen die Kinder den Umgang mit Elektronikbauteilen, im „Trainingscamp für Robonauten“ werden Lego-Roboter gebaut, die auf einer Teststrecke beweisen müssen, dass sie anhalten und wenden können und bei „Seifenkisten im Rennlabor“ können sie Seifenkisten bauen. Das Unternehmen will damit das Interesse an technischen Prozessen fördern.

Die einwöchigen Camps finden in den Oster-, Sommer- und Herbstferien statt, jeweils für 16 Kinder. Das Einzugsgebiet reicht bis in den Westerwald. „Selbst aus 40 bis 50 Kilometern Entfernung bringen die Eltern ihre Kinder hierher“, sagt Bitterlich. Das Unternehmen stellt die Räume, Getränke und Fahrzeuge und unterstützt die Kursleiter, falls ein Computer ausfällt oder fachliche Unterstützung gebraucht wird. Die Eltern zahlen 65 Euro, davon erhält Frids 5 Euro für die Organisation und 60 Euro die Universität.

2010 gründete die IBF ein neues Projekt. „MecLab“ heißt es. Mit Unterstützung der Stadtsparkasse Freudenberg und der Volksbank Freudenberg-Niederfischbach wurden zwei Technikkoffer für jeweils 6000 Euro angeschafft, die Schülern der 9. und 10. Klasse in der Region Einblick in die Automatisierung bieten. Die IBF wartet und repariert, wenn nötig, die „MecLabs“.

Warum die Bitterlichs das machen? „Aus gesellschaftlicher Verantwortung“, sagt Jens Bitterlich. Natürlich steigert das Unternehmen damit auch seine überregionale Bekanntheit. Aber das sei ein „unbeabsichtigter Nebeneffekt“. 2009 wurde das Unternehmen für sein Engagement von der Bertelsmann-Stiftung ausgezeichnet.

Autor*in
Avatar
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare