Inland

Leiharbeit: SPD-Landespolitiker unterstützen Andrea Nahles

Von „unsäglich“ bis „lächerlich“: Die Kritik an der Blockade der Union beim Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leiharbeit und Werkverträgen ist groß. Das sagen SPD-Spitzenpolitiker zum Verhalten von CDU und CSU.
von Vera Rosigkeit · 25. Februar 2016

Schon am Mittwoch war die Empörung groß, nachdem Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles bekannt gegeben hatte, dass ihr Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leiharbeit und Werkverträgen entgegen aller Absprachen von der Union blockiert werde. Nahles sprach in diesem Zusammenhang von heftigen Auseinandersetzungen und warf der Union vor, „Spielchen zu spielen“ und „ideologische Schlachten“ zu schlagen, die mit Inhalten nichts mehr zu tun hätten.

Malu Dreyer: Blockade schadet den Menschen im Land

Die SPD stellt sich hinter das Gesetz. Ministerpräsidenten, Vorsitzende der Länder und zuständige Minister unterstützen Andrea Nahles und ihren Entwurf. So betonte  Malu Dreyer, dass der schon im November vorgelegte Gesetzentwurf von Seiten der CDU/CSU nie sonderlich unterstützt und jetzt erneut blockiert werde. Zugleich forderte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, dass sich „die Koalitionspartner an ihre Zusagen halten, zumal schon der Koalitionsvertrag ein Kompromiss“ war. „Einer Million Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern wird damit mehr Geld und mehr Sicherheit vorenthalten", erklärte Dreyer. Damit schade die Unions-Blockade den vielen betroffenen Menschen in diesem Land.

Torsten Albig: Gute Arbeit für ein erfolgreiches Land

Für den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Torsten Albig, gilt Gute Arbeit als eine elementare Voraussetzung für ein erfolgreiches Land: „Denn nur mit guten Arbeitsbedingungen kann man ein attraktiver Arbeitgeber sein und sich so die Fachkräfte sichern, die ein Unternehmen braucht, um zukunftsfest aufgestellt zu sein und wettbewerbsfähig zu bleiben", sagte er. „Bayern", so Albig, „schadet mit seiner Blockade dem Standort Deutschland."

Olaf Scholz: kluges und ausgewogenes Gesetz

Als klug und ausgewogen lobte Olaf Scholz das Gesetz. Auf dem Arbeitsmarkt müssten Regeln eingehalten werden, forderte der Erste Bürgermeister von Hamburg. Auch wenn zu einer modernen Wirtschaft Leiharbeit und Werkverträge dazu gehörten, dürften sie nicht dafür genutzt werden, „die für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltenden Regeln zu umgehen“.

Michael Müller: Union untereinander zerstritten

Der Regierende Bürgermeister von Berlin erinnerte daran, dass die arbeitnehmerfreundlichen Regelungen zu Leiharbeit, Zeitarbeit und zu Werkverträgen, von der SPD in den Koalitionsvertrag eingebracht und von der Union mit unterschrieben worden seien. Das dürfe nicht einseitig aufgekündigt werden, erklärte Michael Müller – denn das seien mal wieder Spielchen auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Müller versicherte: „Genauso wie bei der Durchsetzung des Mindestlohns steht die SPD verlässlich zu ihren Zusagen, während die Union – wie schon in der Asylpolitik – offenbar untereinander zerstritten ist.“

Martin Dulig: überfällige Gesetzesänderung dient auch Unternehmen

„Wir haben in Sachsen 50.900 Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern und eine nicht bezifferbare Zahl von Werkvertragsnehmerinnen und -nehmern", sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig. Der stellvertretende Ministerpräsident fordertre, das Unterlaufen der Löhne Festangestellter zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass Werkverträge nicht missbraucht werden um Arbeitnehmerrechte zu umgehen. Die „lange überfällige Gesetzesänderung" die auch den Unternehmen, die verantwortungsvoll und sozialverträglich mit Leiharbeit und Werkvertragsgestaltungen umgehen", betonte er. Dulig wertet ähnlich wie beim Mindestlohn den Widerstand als Zeichen dafür, dass „an den richtigen Stellschrauben gedreht wird". (Eine Reportage über Leiharbeiter in Sachsen lesen Sie unter Nahles-Gesetz soll Ausbeutung von Leiharbeitern beenden)

Nils Schmid: Schlag ins Gesicht von Arbeitnehmern

Als „unerträglich“ bezeichnete Nils Schmid, SPD-Vorsitzender sowie Finanz- und Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg, die Blockade der Union. Die Weigerung von CDU und CSU, beim Kampf gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen voranzukommen, sei „ein Schlag ins Gesicht von Arbeitnehmern und ehrlichen Unternehmern in unserem Land“, erklärte der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 13. März.

Katrin Budde: Glaubwürdigkeitstest für die Union

Gerade für Ostdeutschland sei der Gesetzentwurf besonders wichtig, denn hier werde „Leiharbeit besonders häufig missbraucht, um reguläre Arbeitsverhältnisse zu unterlaufen“, betonte die Vorsitzende der SPD in Sachsen-Anhalt, Katrin Budde. Eigentlich brauche es gleiche Bezahlung von Stammbelegschaften, Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern vom ersten Tag an, betonte sie. Dass die Union nun nicht einmal einen Entwurf mit einer neunmonatigen Anpassungsfrist akzeptieren wolle, sei für die Beschäftigten ein Schlag ins Gesicht. Budde: „Es wird ein Glaubwürdigkeitstest für die Union, ob sie hier noch einmal die Kurve kriegt und die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzt.“

Carsten Sieling: Eiertanz wie beim Mindestlohn

Auch Bremens Bürgermeister Carsten Sieling hält die klaren gesetzlichen Regelungen, wie sie die Bundesarbeitsministerin vorgelegt hat, für dringend notwendig. Die von der Union vorgetragenen Bedenken seien „lächerlich“, so Sieling. Lohndumping durch Leiharbeit und Werkverträge müsse ein Riegel vorgeschoben, reguläre Beschäftigungsverhältnisse müssten wirksamer als bisher geschützt werden, erklärte er. Sieling forderte, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken. „CDU und CSU sollen endlich Wort halten und dem Land einen Eiertanz wie beim Mindestlohn ersparen“, sagte der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen gegenüber vorwärts.de.

Rainer Schmeltzer: Union lässt Zeitarbeiter im Regen stehen

Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Rainer Schmeltzer spricht von „Hinhaltespielchen der Union auf dem Rücken der Betroffenen“. Sein Land vertrete eine klare Position, erklärte er zum Streit um das geplante Gesetz zur Regulierung der Leiharbeit. Schmeltzer: „Die Gesetzesreform ist überfällig. Faire Arbeit und Bezahlung darf nicht zu einem Ping-Pong-Spiel zwischen den Fraktionen von CDU und CSU sowie dem Bundeskanzleramt werden.“

Anke Rehlinger: Arbeit braucht Respekt

Zum ersten Mal gebe es einen Konsens mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, „nie waren wir so nah an einer Lösung", erklärte Saarlands Vize-Vorsitzende Anke Rehlinger. Es sei „schäbig", so Rehlinger, „dass die CDU die eigene Parteitaktik über die Interessen der Beschäftigten stelle". Den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen habe „ja nicht die SPD erfunden", sondern sie sei eine gesellschaftliche Tatsache, so Rehlinger weiter. Die damit verbundene unwürdige Lohndrückerei passe ihrer Meinung nach nicht zu einer fairen Arbeitsgesellschaft.

Matthias Hey: Blockaden helfen niemandem

Der Chef der SPD-Fraktion des Thüringer Landtages, Matthias Hey, appellierte an die Mitglieder der CDU/CSU in der Bundesregierung: Wenn diese „offensichtlich parteitaktisch veranlasste Blockadehaltung nicht aufgegeben wird, geschieht dies auf Kosten und auf dem Rücken hunderttausender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Republik“, sagte er.

Detlef Tanke: Spielchen auf dem Rücken der Menschen

„Einzig die Interessen der Unternehmen stehen bei der Union im Mittelpunkt", lautet die Kritik von Niedersachsens SPD-Generalsekretär Detlef Tanke. Das Verhalten von CDU und CSU sei nicht nur Wortbruch, sie falle zudem erneut ihrer Kanzlerin und Bundesvorsitzenden Angela Merkel in den Rücken. Die hatte noch im Januar betont, dass eine schnelle Lösung wichtig sei. Die Union blockiere sogar den „Kompromiss, den Andrea Nahles mit den Unternehmen vereinbart hatte", erklärte Tanke. Damit zeige sie ihr wahres Gesicht, so Tanke: „Sie haben kein Interesse, die Arbeit von Menschen sozialverträglich zu gestalten!"

Andrea Nahles: kann am Getöse messen, wie wichtig das Gesetz ist

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hatte in einem Interview mit dem vorwärts zum Widerstand gegen das Gesetz aus den Reihen von Arbeitgebern und Union erklärt, dass sie sich „bewusst strikt an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag“ gehalten habe. Nahles weiter: „Aber genau wie beim Mindestlohn stoßen wir hier in ein Wespennest. Mittlerweile kann man schon am Getöse messen, wie wichtig und richtig das Gesetz ist. Man kann die Union am Ende des Tages nur auffordern, vertragstreu zu sein.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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