Lehre aus Corona: SPD will neues Bundesgesundheitsamt
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Sabine Dittmar, die SPD-Bundestagsfraktion will als Lehre aus der Corona-Krise wieder ein Bundesgesundheitsamt in Deutschland einführen. Warum?
Die SARS-CoV-2 Pandemie hat uns deutlich gezeigt, wo unser Gesundheitssystem an seine Grenzen stößt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb im Dezember 2020 ein Positionspapier zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) verabschiedet. Darin fordern wir, für den ÖGD eine Rahmenkompetenz des Bundes zu schaffen und als zentrale Anlaufstelle wieder ein Bundesgesundheitsamt zu schaffen. Zudem möchten wir den ÖGD als Teil der Daseinsvorsorge grundgesetzlich schützen. Der ÖGD soll so neben ambulanter und stationärer Versorgung eine dritte Säule im Gesundheitssystem werden, die eine umfassende Versorgung für alle Menschen bereitstellt.
Aus meiner Sicht ist es zwingend notwendig, die Attraktivität des Öffentlichen Gesundheitsdienstes als Arbeitgeber für Ärztinnen und Ärzte und weitere Fachkräfte aus den verschiedenen Disziplinen zu erhöhen. Auch hier könnte ein Bundesgesundheitsamt wichtige Impulse geben.
In der Corona-Krise hat der Bund bereits mehr Geld für Personal und Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitsdienst beschlossen. Reicht das nicht aus?
Der Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst ist richtig und wichtig, um den ÖGD besser aufzustellen. Das reicht aber nicht aus, um den ÖGD dauerhaft so auszustatten, wie es geboten wäre. Die schleppende Kommunikation über die Feiertage und die Tatsache, dass nur rund ein Viertel der Gesundheitsämter ihre Daten bislang einheitlich und effizient digital austauschen statt Faxe zu schicken, zeigen uns deutlich, dass es weiterhin Handlungsbedarf gibt.
Wir müssen auch sehen, dass der ÖGD neben den hoheitlichen Aufgaben zum Beispiel beim Infektionsschutz noch viele weitere Aufgaben hat. Er ist beispielsweise ein ganz wesentlicher Akteur bei Gesundheitsförderung und Prävention in der Kommune. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Herstellung gesundheitlicher Chancengleichheit, in dem er zielgruppenspezifisch gesundheitsfördernde Projekte initiiert, Netzwerke koordiniert und mit vielen unterschiedlichen Partnern wie den Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden oder aus der Wissenschaft kooperiert. Er verantwortet die Gesundheitsberichterstattung und vielerorts auch die gesundheitliche Vorsorge wie zum Beispiel bei Schuleingangsuntersuchungen. Personelle Defizite dürfen nicht dazu führen, dass diese Aufgaben zwangsläufig vernachlässigt werden müssen, weil die vorhandenen personellen Kapazitäten für die Bewältigung hoheitlicher Aufgaben gebunden sind.
Als besondere Schwierigkeit haben sich in den letzten Monaten die unterschiedlichen Kompetenzen von Bund, Ländern und Kommunen im Gesundheitswesen erwiesen, Kritiker sprechen auch von einem „Flickenteppich“. Was soll sich hier ändern?
Infektionsschutz ist Ländersache. Die Bekämpfung der Pandemie hat uns in den letzten Monaten aber deutlich aufgezeigt, wie schwer es ist, dass Bund und Länder einheitlich und abgestimmt handeln. Wir müssen daher dringend mit den Ländern prüfen, wie die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite anders gestaltet werden sollte. Letztendlich halte ich eine Föderalismuskommission für notwendig.