Lars Klingbeil: Ampelparteien kommen schneller voran als erwartet
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Bisher herrscht in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP weitgehend Vertraulichkeit, kaum etwas dringt nach außen. Mit umso größerer Spannung wird deshalb am Dienstag in Berlin ein Statement der Generalsekretäre der Ampel-Parteien zu den laufenden Verhandlungen erwartet. Man tagt zur Zeit in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz. Das sei „natürlich ein Statement“, so SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil vor der Presse. Denn mehrfach sei eine Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz gewählt und wiedergewählt worden. „Das ist natürlich etwas, was ich mir wünsche und wo auch die feste Überzeugung in den letzten Tagen gereift ist, dass wir das gut hinbekommen mit den drei Parteien.“
Klingbeil zeigt sich vor der Presse in Berlin sehr zufrieden und optimistisch. Die drei unterschiedlichen Parteiprogramme zu einer gemeinsamen Politik zusammenzubringen, „das hat in 22 Arbeitsgruppen doch an ganz vielen Stellen hervorragend geklappt“. Die 300 Fachpolitiker*innen hätten miteinander gerungen und als Ergebnis „dann auch ordentlich was auf den Tisch gelegt“. Klingbeil sagt ihnen „großen Dank“ für die geleistete Arbeit.
Lars Klingbeil: „Wir sind schneller voran gekommen als gehofft“
Jetzt werde in der Hauptverhandlungsrunde über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen intensiv diskutiert. „Wir sind schneller voran gekommen an einigen Stellen, als wir das gehofft hatten“, hebt der SPD-Generalsekretär hervor. In vielem seien sich die drei Parteien bereits einig. „Aber natürlich gibt es jetzt auch für die letzten Tagen noch Konflikte, über die wir intensiv reden werden.“ Aber: „Das kriegen wir hin, da bin ich fest von überzeugt.“
Am Dienstag sei bei den Verhandlungen „open end“ angesagt. Die Gespräche sollen am Mittwoch und Freitag weitergehen. Unterbrochen werden sie am Donnerstag, wenn der Bundestag zusammentritt und über das neue Infektionsschutzgesetz entscheidet und sich die Ministerpräsident*innenkonferenz mit der geschäftsführenden Kanzlerin trifft. Dann soll es am Montag wieder weitergehen mit den Koalitionsverhandlungen.
SPD-Generalsekretär weist Kritik am Tempo zurück
„Das Ziel ist dann sehr klar: in der nächsten Woche einen fertigen Koalitionsvertrag zu haben“, so der SPD-Generalsekretär. Der Vertrag solle der Öffentlichkeit vorgestellt und in den Parteien diskutiert werden. In den Parteien solle für den Vertrag geworben werden, damit „es eine breite Unterstützung für diese Fortschrittsregierung gibt“.
Vereinzelte Kritik an der Dauer der Koalitionsverhandlungen weist Klingbeil zurück. „Ich glaube, dass es jeden Tag wert ist, den wir gerade über eine Fortschrittsregierung verhandeln.“ Er habe das wachsende Gefühl, „dass wir in Deutschland sehr grundsätzlich etwas verändern können, bei vielen wichtigen Themen, dass wir das Land modernisieren, dass wir es neu aufstellen, dass wir es voranbringen“. Für den SPD-Generalsekretär ist „die Hoffnung darauf gewachsen, in den letzten Tagen“. Das sei „eine gute Ausgangsvoraussetzung für diese Koalition“.
Ambitionierter Zeitplan soll eingehalten werden
Auf die Frage, ob die Parteien die Verhandlungen angesichts der Corona-Pandemie beschleunigen werden, antwortet Klingbeil, man habe „von Anfang an einen sehr ambitionierten Zeitplan gehabt“. Davon sei man nicht abgerückt. Man wolle weiter, „dass der Bundeskanzler in der Woche nach Nikolaus gewählt wird, dass dann die neue Regierung auch sofort mit dem Arbeiten anfangen kann“. Damit könne man garantieren, „dass dieses Land in guten Händen ist“.
Corona ist in der kurzen Pressekonferenz vor der rheinland-pfälzischen Landesvertretung nur am Rande ein Thema. Zur Pandemie äußert sich Klingbeil ausführlich bereits am frühen Dienstagmorgen im Nachrichtensender ntv. Für den SPD-Generalsekretär steigt der „gesellschaftliche Druck“ in der Debatte, ob man sich impfen lasse oder nicht. „Es gibt immer weniger Verständnis dafür, dass Menschen sich ganz bewusst entscheiden, sich nicht impfen zu lassen“, so Klingbeil. „Da appelliere ich wirklich an alle, noch einmal tief in sich zu gehen.“ Er betont, „wir wollen das Land durch eine schwierige Zeit bringen“. Dafür müsse es „umfassende Schutzmaßnahmen geben“, auch solche „die die Länder ergreifen“ können.
Klingbeil attackiert Söder für „Krawall machen“
Die Kritik von CSU-Chef Markus Söder an einem angeblich zu zögerlichen Agieren der noch nicht regierenden Ampel-Parteien weist Klingbeil zurück. „Herr Söder hat sich bewusst entschieden, Krawall zu machen. Das ist das Prinzip Söder: Alle anderen sind schuld, alle anderen können es nicht, alle anderen müssen aus Bayern belehrt werden.“ Söder habe seit Wochen die Möglichkeit gehabt in Bayern, „wo es ja wirklich dramatische Zahlen gibt“, zu handeln. Doch statt das zu tun, „hat er sich entschieden, Parteipolitik zu machen“.
In den letzten Jahren, lobt Klingbeil rückblickend, habe es in der Pandemie stets einen „überparteilichen Konsens“ gegeben. Auch die damaligen Oppositionsparteien Grüne und FDP hätten sich „verantwortungsvoll verhalten“ und „mitgemacht“. „Das gilt hoffentlich auch für Teile der Union, wir werden das in dieser Woche erleben.“ Man sei hier in einem „konstruktiven Austausch“ mit der Union und der Linken.