Inland

Krabbelgruppe „Blood & Honour“

Die Mitgründerin von „Blood & Honour“ Antje B. sollte dem Gericht Auskunft über finanzielle Hilfen für das NSU-Trio geben. Stattdessen stellte sie das rechtsextreme Netzwerk als Verein von Musikliebhabern mit regelmäßigen Krabbelgruppen-Treffen dar. Richter Manfred Götzl enttarnte ihre Lügen.
von Thomas Horsmann · 21. November 2014
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Die 40-Jährige erklärte, dass sie Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt damals nicht gekannt habe. Sie habe Mitte der 90er Jahre mit ein paar Freunden „Blood & Honour“ als „reine Musikorganisation“ gegründet, um Bands aus ganz Europa für Konzerte nach Thüringen zu holen. Hauptorganisator und der Mann mit den Kontakten sei ihr Schulfreund Jan W. gewesen. Später sei Thomas S. dazu gekommen, der die idealistisch ausgerichtete Organisation zum Geldverdienen missbraucht habe. „Blood & Honour“ habe sie deshalb 1998 den Rücken gekehrt. Anlass seien 20.000 Mark gewesen, die plötzlich verschwunden waren. Sie habe Thomas S. im Verdacht gehabt, das Geld eingesteckt zu haben.

Möglicherweise lies Thomas S. dieses Geld dem NSU-Trio zukommen. Denn Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt tauchten im Januar 1998 unter. Die drei galten zu dieser Zeit als Mitglieder des harten Kerns von „Blood & Honour“. Mundlos arbeitete an einem Heftchen mit dem Titel „White Supremacy“ von Jan W. Dieser soll damals versucht haben, dem NSU Waffen und Geld zur Verfügung zu stellen. Thomas S., der ein Verhältnis mit Zschäpe hatte, besorgte dem NSU-Trio dann ein Versteck in Chemnitz. Ein anderes „Blood & Honour“-Mitglied soll dem Trio Sprengstoff besorgt haben. Aber trotzdem kannte Antje B. das NSU-Trio nicht? Und auch sonst keinen der Angeklagten?   

Rassistische Musikliebhaber

Richter Götzl hakte nach. Er fragte zunächst nach dem politischen Hintergrund und den Zielen von „Blood & Honour“. Die Antwort von Antje B. kommentierte Götzl mit Ironie, es klinge wie eine „Idylle von Musikliebhabern“, die mit ihren Kindern zur regelmäßigen „Krabbelgruppe“ zusammengekommen seien. Später räumte B. rassistische Motive bei einigen Mitgliedern wie zum Beispiel Jan W. ein. Dieser war Anhänger einer „weißen Welt“ ohne Vermischung der Ethnien.

Doch die Rolle der unpolitischen Musikliebhaberin konnte Antje B. nicht durchhalten. Sie verwickelte sich in Widersprüche. Richter Götzl fragte, ob sie Beate Zschäpe ihren Reisepass angeboten habe? Das bestritt die Zeugin jedoch vehement. Ob sie wirklich niemanden der Angeklagten kenne? Ralf Wohlleben, Holger G., Carsten S., André E.? Sie kenne keinen der Angeklagten, beharrte B. Nun überführte sie Manfred Götzl der Lüge. Denn bei der Polizei hatte Antje B. noch andere Angaben gemacht. „Scheiße“, entfuhr es der Zeugin. Egal was sie jetzt sage, es sei nun total unglaubwürdig, räumte Antje B. ein.

Das Gericht vertagte sich an dieser Stelle auf kommende Woche. Dann muss Antje B. erneut in den Zeugenstand. Ob sie mit anwaltlichem Beistand auftreten wird, ist unklar. Spannend werden die Verhandlungstage 163 bis 165 auf jeden Fall, denn Oberstaatsanwalt Weingarten von der Bundesanwaltschaft tritt in den Zeugenstand und der Angeklagte Carsten S. hat eine weitere Einlassung angekündigt.

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Thomas Horsmann

ist freier Journalist und Redakteur.

 

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