Kommentar: Asyl braucht Perspektive
Michael Gottschalk/photothek.net
Sollte sich der Vorschlag de Maizières durchsetzen, syrischen Migranten nur noch eingeschränkten Asylschutz zu gewähren, würde sich schnell auch die Rhetorik der Regierung ändern, mit der sie um Akzeptanz für die Flüchtlinge wirbt. Bisher werden vor allem der Nutzen für die alternde deutsche Gesellschaft herausgestellt und die Chancen der Wirtschaft, die drohende Facharbeiterlücke zu schließen. Wenn die Flüchtlinge jedoch bald schon wieder gehen sollen, schneidet man sich diese Argumentation ab.
Flüchtlinge werden zur Last – die man aber nur vorübergehend tragen müsse. Vermutlich wird diese Änderung der Rhetorik den Rechtsradikalen nicht das Wasser abgraben, eher im Gegenteil. Dass Asyl zunächst auf Zeit gewährt wird, ist nichts Neues. Schon heute kann das Asyl widerrufen werden, wenn sich die Lage im Herkunftsstaat dauerhaft bessert. Bisher wird dies bei den Syrern nach drei Jahren geprüft. De Maizière will erst nach sieben Jahren dauerhaften Aufenthalt gewähren.
Wer eine Perspektive hat, wird sich schnell integrieren
Es besteht aber wenig Hoffnung, dass sich der Syrien-Konflikt bald löst. Weder nach drei Jahren, noch nach sieben Jahren. Die Lage in Afghanistan zeigt, wie lange sich ein derartiger Bürgerkrieg hinziehen kann. Es war deshalb nicht unnötig großzügig, sondern sehr realistisch, bei den syrischen Flüchtlingen sofort auf schnellen Sprachererwerb und schnelle berufliche Qualifikation zu setzen. Wer damit erst nach einigen Jahren beginnt, wenn sich abzeichnet, dass eine Rückkehr unrealistisch ist, vergeudet die Zeit der Flüchtlinge und Chancen der ganzen Gesellschaft. Nur wer in Deutschland eine Perspektive hat, wird sich rasch integrieren.
Es sieht aus, als wolle de Maizière die Fehler der 60er Jahre wiederholen, als man Migranten als „Gastarbeiter" bezeichnete, die bald wieder nach Hause gehen werden. Anerkannte Flüchtlinge sind aber mehr als nur Gäste, sie sind nun auch Teil dieser Gesellschaft.