Inland

„Klimaneutrale Unternehmen“ – Problemlösung oder PR-Trick?

von Fréderic Verrycken · 20. Februar 2008
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Melanie Weber, Sprecherin für Umweltfragen bei der Verbraucherinitiative hält den Begriff "Klimaneutralität" für irreführend. "Den Verbrauchern muss bewusst sein, dass ein Unternehmen Treibhausgase verursacht", so Weber. Und weiter: "Es kann zwar seine Emissionen reduzieren, eine "Klimaneutralität" ist aber nur durch Kompensationen möglich, also etwa durch Unterstützung von Klimaschutzprojekten in anderen Ländern."



Klimaneutrale Uhren, Hochzeitreisen, Massenveranstaltungen


Studien hätten zudem ergeben, dass diese Projekte oft den Beweis der Treibhausgasreduktion schuldig blieben. Gebauer kritisierte die "Inflation" an klimaneutralen Produkten: "Sie können heutzutage ihre Uhr, ihre Hochzeitsreise oder auch große Veranstaltungen klimatechnisch kompensieren." Verbraucher sollten darauf achten, dass die vollmundigen Versprechen auch eingehalten werden. Das sei allerdings sehr schwierig. Denn wie sich die Zulieferer des "klimaneutralen" Unternehmens verhielten, sei kaum mehr kontrollierbar. Ein wichtiges Indiz seien daher "kurze Produktionsketten", so Weber.

Jena Gebauer vom Institut für ökologische Wirtschaftsförderung forderte von den Unternehmen eine transparentere Darstellung der Klimaschutzziele und eine Evaluation der Projekte in Form von Nachhaltigkeitsberichten. "Als Konsument will ich wissen: Haben die ihr Ziel erreicht?", so Gebauer. Sie fordert Anreize für Klimaschutzziele in der Produktionskette aber auch bei den Mitarbeitern: "Gibt es Anreize, den ÖPNV oder das Fahrrad zu nutzen, wird bei Geschäftsreisen die Bahn genutzt?", fragt Gebauer. In jedem Fall gelte es Emissionen "zunächst zu vermeiden und dann erst zu kompensieren." Verbraucher sollten zudem auf die indirekten Emissionen durch ihr gekauftes Produkt achten. So seien die Emissionen bei Autos teils um 25 bis 35 mal größer als bei der Herstellung.

Firmeneigene Biodieseltankstelle

Wie ein Unternehmen "klimaneutral" werden kann, zeigt das Beispiel der "memo AG", ein Versandbetrieb für Bürobedarf. Das Unternehmen hat seine klimaschädlichen Emissionen in den letzten Jahren drastisch reduziert und seine Klimabilanz transparent gemacht. So sei etwa die Versorgung mit Heizöl durch die Verwendung von Holzhackschnitzeln ersetzt worden, Strom beziehe man über den Öko-Anbieter "Lichtblick", seit 1998 betreibe man eine eigene Biodieseltankstelle für die Fahrzeugflotte, so Jürgen Schmidt, Gesellschafter und Vorstandsprecher der Memo AG und aktueller Öko-Manager des Jahres.

Entscheidende Beiträge zum Klimaschutz hätte es in der Produktion aber auch im Vertrieb gegeben, so Schmidt: Bewusste verzichte die memo AG etwa darauf, unaufgefordert Kataloge zu versenden, es gebe Anreize für Sammelbestellungen, und statt auf Kartons setze man auf wiederverwendbare Pfandbehälter. Das Unternehmen habe dadurch aus eigener Kraft eine erhebliche Reduktion der C02-Emmission erreicht. Schmidt kritisierte zugleich den Trend zum "Greenwashing": Viele Unternehmen würden ein einzelnes Produkt mit einer positiven Klimabilanz in den Vordergrund stellen, ohne darzulegen, wie die Gesamtbilanz der Firma aussehe.

Mehr Infos unter:

www.preis-der-arbeit.de

Das "forum zukunftsökonomie" ist eine Initiative kritischer Medien, unter ihnen der "vorwärts", die sich aktiv in Debatte um gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen einbringt. Unternehmen mit herausragendem Engagement werden mit dem "Preis der Arbeit" ausgezeichnet. Beim letzten Mal erhielten die Faber-Castell AG und die Elektrizitätswerke Schönau GmbH den Preis.

Autor*in
Fréderic Verrycken

Chefredakteur der DEMO, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf

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