Karl Lauterbach: „Vorbeugen, damit die Menschen länger gesund bleiben“
Thomas Trutschel/photothek.net
Wie steht es derzeit um Arbeitsschutz und Prävention in deutschen Betrieben?
Wenn man sich Schätzungen der Produktions- und Bruttowertschöpfungsausfälle durch Arbeitsunfähigkeit anschaut, ergibt sich volkswirtschaftlich gesehen ein enormes Präventionspotenzial. 2014 waren durch Arbeitsunfähigkeit volkswirtschaftliche Produktionsausfälle von 57 Milliarden Euro bzw. durch den Ausfall an Bruttowertschöpfung 90 Milliarden Euro zu verzeichnen. Unter anderem darauf haben wir mit dem Präventionsgesetz letztes Jahr reagiert. Wir verbessern die Prävention in Schulen, Kitas, und den Betrieben. Es ist keine Prävention, die beim Arzt stattfindet, sondern dort, wo die Menschen arbeiten und leben. Zum Beispiel werden Menschen mit Rückenbeschwerden direkt im Betrieb geschult und ihnen wird gezeigt, wie sie am Arbeitsplatz diesen Beschwerden vorbeugen können.
Welche Herausforderungen sehen Sie, auch vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft?
Ich habe immer gesagt, es ist eine Pflicht, mehr in Prävention und Gesundheitsförderung zu investieren, weil uns in Deutschland die sogenannten Zivilisationskrankheiten nach wie vor fest im Griff haben. Wir haben sehr viele Menschen, die schon in mittlerer Lebensphase chronisch krank sind. Es ist uns bisher leider nicht im notwendigen Maße gelungen, das Rauchen oder das Übergewicht zu bekämpfen; Bewegungsmangel ist heute schon bei Kindern weit verbreitet, Rückenschmerzen in der Belegschaft ebenso. Die Betriebe stehen durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel und sich verändernde Arbeitsbedingungen vor beträchtlichen Herausforderungen. Mit guter Vorbeugemedizin müssen wir es schaffen, dass die Menschen länger gesund bleiben.
All das kostet Geld. Wie können die Kosten für Präventions- und Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz gerecht verteilt werden?
Ein betriebliches Gesundheitsmanagement gibt es heute schon vor allem in großen Betrieben. Die haben erkannt, dass sich Investitionen in Gesundheitsförderung lohnen. Mit dem Präventionsgesetz soll die betriebliche Gesundheitsförderung auch den kleinen und mittleren Betrieben mit verbesserten Rahmenbedingungen noch schmackhafter gemacht werden. Schließlich belegen Untersuchungen die positiven ökonomischen Effekte, den so genannten Return on prevention, der sich aus der Verringerung krankheitsbedingter Produktionsausfälle ergibt. Da hier auch rund 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten, lohnt sich die „Anschubfinanzierung“ durch das Präventionsgesetz langfristig auch für unsere Sozialversicherung.
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