Karamba Diaby: „Das Einwanderungsgesetz wird kommen“
Thomas Trutschel/photothek.net
Herr Diaby, die SPD-Bundestagsfraktion fordert ein Einwanderungsgesetz. Warum?
Ohne Einwanderung wird die Bevölkerung in Deutschland schrumpfen und das Erwerbspersonenpotenzial deutlich zurückgehen. Das bedeutet, dass das soziale Sicherungssystem wie unter anderem die Pflege- und Rentenversicherung immer stärker unter Druck geraten wird. Allein in Sachsen-Anhalt fehlen bis 2030 49.000 Pflegefachkräfte. Deshalb brauchen wir die gesteuerte Einwanderung von Fachkräften, die dazu beitragen, dass der Wohlstand in Deutschland gesichert wird. Wir wollen nicht fragen, woher jemand kommt, sondern was er oder sie zu unserer Gesellschaft beitragen kann.
Wie könnte so ein Gesetz genau aussehen?
Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben dazu im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf geschrieben, in dem wir abhängig vom Arbeitsmarkt regeln wollen, wie viele Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU nach Deutschland kommen können. Ein Punktesystem berücksichtigt dabei Qualifikation, Sprachkenntnisse, Alter, Arbeitsplatzangebot und andere Integrationsaspekte der Bewerber
Die Union hat bis vor kurzem behauptet, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Wie gut stehen jetzt die Chancen in der Groko für eine Einigung in Sachen Einwanderungsgesetz?
Was im Koalitionsvertrag steht, ist bindend. Das gilt auch für die CDU oder anders gesagt: Das Einwanderungsgesetz wird kommen. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir ein Einwanderungsgesetz wollen. Dieses soll regeln, wer nach Deutschland zum Zwecke der Arbeit kommen kann. Gleichzeitig haben wir festgehalten, dass wir einen neuen Fachkräftebegriff brauchen. Dieser soll Akademiker ebenso umfassen wie Absolventen von einer Ausbildung. Das war uns als Sozialdemokraten ganz wichtig und wir haben das in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt.
In Deutschland leben viele Menschen mit „subsidiärem Schutzstatuts“. Sie erhalten kein Asyl, werden aber wohl längerfristig hierbleiben. Kann ein Einwanderungsgesetz auch für diese Menschen eine Chance sein?
Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Hier entscheiden keine Kriterien wie Sprache und Qualifikation darüber, ob jemand zu uns kommen kann oder nicht. Hier gilt einzig die Not eines Menschen. Beim Einwanderungsgesetz wollen wir dagegen schauen, welche Möglichkeiten es für Menschen gibt, in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Beide Ebenen miteinander zu vermengen, finde ich zurzeit schwierig. Geflüchtete müssten eher stärker über Sprach- und Weiterbildungsangebote die Chance erhalten, am Arbeitsmarkt teilzuhaben.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.