Kabinett und Kommunalverbände gehen bei Integrationsgipfel Verpflichtungen ein
Während einige Vertreter der boykottierenden türkischen Migrantenverbände vor dem Kanzleramt protestierten, trafen sich rund 90 Vertreter anderer Migrantenverbände und von gesellschaftlichen
Aktueren wie Gewerkschaften, Arbeitgebern, Kirchen und kommunalen Spitzenverbänden mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem lange geplanten Integrationsgipfel im Kanzleramt. Am Ende gingen
alle Seiten 408 Verpflichtungen ein, die die Bundesregierung auf einem Folgegipfel im Herbst 2008 bilanzieren will.
Bereits im Vorfeld hatte die Bundesregierung rund 150 Selbstverpflichtungen beschlossen, u.a. die Erhöhung der Stundenzahl für Sprachkurse von 600 auf 900 sowie spezielle angebote für
Analphabeten, Jugendliche und Mütter. Weiter soll ein Netz von "Bildungspaten" entstehen u.a. Maßnahmen, für die die Regierung rd. 750 Millionen Euro ausgeben will. Kanzlerin Merkel wies die
"Ultimaten" türkischer Verbände, die ihre Teilnahme von einer Änderung des Zuwanderungsgesetzes abhängig gemacht hatten zurück, erklärte aber, ihre Hand bleibe ausgestreckt. Vertreter der Verbände
signalisierten, die Ergebnisse des Kongresses trotz ihres Gipfelboykotts umsetzen zu wollen. Für Merkel war der Gipfel "ein Meilenstein in der Geschichte der Integrationspolitik": Der "Nationale
Integrationsplan" sei "eine Neuerung, wie wir sie vielleicht noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hatten." (Laut Süddeutsche Zeitung vertreten die türkischen VErbände in Deutschland
höchstens fünf Prozent der hier lebenden Türken, so der grüne Politiker Özcan Mutlu oder 70 000 Mitlgieder, wie Faruk Sen vom Zentrum für Türkeistudien schätzt. Für die SPD-MdB Lale Akgün sind "die
so genannten Integratioinsverbände selbsternannte Sheriffs.")
Die kommunalen Spitzenverbände verpflichteten sich u.a. zur Öffnung ihrer Verwaltungen für Migranten sowie zur Schulung ihrer Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz. Städtetagspräsident
Christian Ude (SPD) kritisierte den Boykott, es sei kein Chauvinismus, dass man in Deutschland deutsch können müsse. Der Gipfel dürfe nicht das Ende, sondern müsse der Auftakt eines dauerhaften
Dialogs sein. Ähnlich äußerte sich Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender im Innenausschuss des Deutschen Bundestages, der ein gewisses Verständnis für die Enttäuschung der Migrantenvertreter
äußerte. Es forderte als weitere Schritte zur politischen Teilhabe von Migranten z.B. durch das kommunale Wahlrecht für lange in Deutschland lebende Ausländer. Dies wies der bayerische
Innenminister Beckstein (CSU) umgehend zurück.
Quellen: Berliner Zeitung (mit Edathy-Interview), Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stuttgarter Zeitung vom 13. Juli, Deutschlandradio vom 13. Juli, Berliner Zeitung (mit Ude-Interview),
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche Zeitung vom 12. Juli, www.staedtetag.de; www.dstgb, Brennpunkt Integration; www.landkreistag.de, www.bundesregierung.de
war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.