Inland

Jusos finden Plagiat in Artikel von Julia Klöckner: CDU-Sprecher startet Gegenangriff

Die Jusos Mainz werfen der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner Diebstahl geistigen Eigentums vor. Ihr Artikel in der „FAS“ sei in Teilen abgeschrieben, sagen sie. Ein Sprecher der CDU-Landtagsfraktion kontert: Die Jusos hätten da was falsch verstanden.
von Paul Starzmann · 18. Oktober 2017
Johanna Uekermann fordert mehr Rechte für junge Menschen.
Johanna Uekermann fordert mehr Rechte für junge Menschen.

Entdeckt hat die Sache ein junger Sozialdemokrat aus Mainz: Irgendwas ist da faul, hat sich er sich wohl gedacht, nachdem der Juso am vergangenen Wochenende einen Gastbeitrag von Julia Klöckner in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gelesen hatte. Die CDU-Chefin von Rheinland-Pfalz und Vize-Vorsitzende der Union im Bund hat unter der Rubrik „Standpunkt“ einen Artikel über den Föderalismus in Deutschland geschrieben – oder besser: abgeschrieben, zumindest in Teilen.

Jusos Mainz: Jeder Student würde dafür Ärger bekommen

Wie die Jusos Mainz am Dienstag auf Twitter und Facebook mitteilten, stammen einige der Passagen aus Klöckners Beitrag von einem anderen Autor, dem Juristen Hans Hofmann. Der hatte nach Angaben der Webseite „Übermedien“ seinen Text im Jahr 2007 veröffentlicht. Jetzt hat sich Julia Klöckner an einigen Stellen daraus für ihren „FAS“-Beitrag bedient – ohne jedoch per Anführungszeichen und Quellenangabe darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um ihre eigenen Gedanken handelt.

Für die Mainzer Jusos ist das keine kleine Sache. „Grundsätzlich beschäftigen wir uns ja nicht mit solchen Dingen, sondern arbeiten inhaltlich“, sagt deren Vorsitzender Timo Haungs. Als Juso-Verband in einer Universitätsstadt wollten die Mainzer Jungsozialisten zu dem offensichtlichen Plagiat allerdings nicht schweigen – und machten deswegen den Fall in den Sozialen Medien öffentlich. „Wir Jusos finden das schon bemerkenswert,“ sagt Haungs über den Artikel der CDU-Politikerin. „Bekäme doch jeder Studierende richtig Ärger, wenn er so etwas abgeben würde.“

CDU-Sprecher wirft Jusos „durchsichtiges Manöver“ vor

Die Union hätte die Sache schnell aus der Welt schaffen können. Sie hätte einen Fehler eingestehen können. Irgendwo muss auf Referentenebene etwas schiefgelaufen sein, hätte sich Julia Klöckner zum Beispiel verteidigen können. Stattdessen schaltete die CDU-Fraktion im Mainzer Landtag auf Gegenangriff.

„Übermedien“ berichtet von einem Statement eines Fraktionssprechers, das den Jusos ein „durchsichtiges Manöver“ vorwerfe und die Absicht unterstelle, „die Diskreditierung von Frau Klöckner“ zu betreiben. Da es sich bei Klöckners Beitrag nicht um eine Doktorarbeit handle, könne von einem „Plagiat“ gar nicht die Rede sein.

Kein Copyright auf Meinungsartikel?

Es ist eine bemerkenswerte Argumentation: Vor einigen Jahren hätten wohl nur wenige Menschen etwas mit dem Fachausdruck „Plagiat“ anfangen können. Heute wissen jedoch fast alle, was damit gemeint ist – dank dem CSU-Mann Karl-Theodor von Guttenberg, der vor einigen Jahren mit einem spektakulären Plagiatsfall für Schlagzeilen sorgte und darüber seinen Doktortitel verlor. Ein Plagiat, das wurde damals breit diskutiert, ist die unerlaubte Verwendung des geistigen Eigentums anderer – ganz gleich ob in der Wissenschaft, den Medien oder Kunst und Musik. In Texten, das lernt man im ersten Semester, müssen alle Zitate klar als solche zu erkennen sein.  

Trotzdem wirft die CDU im Landtag von Rheinland-Pfalz jetzt ausgerechnet den Jusos mangelnde Kompetenz in dieser Sache vor, wie „Übermedien“ berichtet. Die jungen Genossen hätten Klöckners FAS-Artikel „als politischen Meinungsartikel offensichtlich nicht verstanden“, zitiert „Übermedien“ den Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Das Copyright, in „politischen Meinungsartikeln“ scheint es für die CDU in Rheinland-Pfalz nicht zu gelten.

„Das macht die abstruse Erklärung der CDU noch skurriler“, sagt der Mainzer Juso-Chef Haungs. „Es hätte der Union besser zu Gesicht gestanden, wenn sich Frau Klöckner entschuldigt hätte – anstatt dass ihr Sprecher jetzt auf Angriff schaltet.“

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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