IT-Konferenz „Re:publica“: Wie unser Land zur erfolgreichen Online-Nation wird
Thomas Trutschel/photothek.net
„Neuland“ ist das Internet schon lange nicht mehr: Jugendliche machen Späße bei Snapchat, ihre Eltern diskutieren bei Facebook, Oma und Opa probieren Whatsapp aus – das Web 2.0 gehört mit seinen Sozialen Medien inzwischen zum Alltag der meisten Menschen in Deutschland. Der digitale Wandel aber birgt nicht nur Chancen, sondern auch Risiken.
Wem gehören meine Daten?
Die gesellschaftspolitischen Aspekte der Digitalisierung dürfen nicht vernachlässigt werden, betonte die Internet-Beauftragte der Bundesregierung Gesche Joost am Montag in Berlin. Die Politik müsse die Frage nach der „digitalen Souveränität“ der Internet-Nutzer diskutieren. Bei wem liegt das Verfügungsrecht über persönliche Daten, die von Navigationsgeräten im Auto oder Fitness-Apps auf dem Smartphone gesammelt werden?
Auch die Frage nach den Werten, dem sozialen Zusammenhalt in der digitalisierten Gesellschaft seien von besonderer Bedeutung, erklärte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley bei der Konferenz „Re:publica“. Die Digitalisierung sei eine „große Chance“ für die Arbeitswelt und die kreative Entfaltung des Einzelnen. Zugleich bestehe das Risiko vermehrter Scheinselbstständigkeit in der IT-Szene. Die Politik müsse klären, wie sich Menschen in Kreativberufen sozial absichern können.
Nur Weltoffenheit führt zum Erfolg
Auch eine Frage der Werte, so Barley, sei das zunehmende Problem der „Hate Speech“, der Hassbotschaften im Internet. Die Hetze im Netz „beschäftigt mich sehr“, sagte die SPD-Generalsekretärin. Die Verrohung der Sprache in Online-Foren sei eine erste Stufe der Eskalation, nicht selten führe der verbale Hass zur tätlichen Gewalt. Barley plädierte für einen „fairen Umgang“ im Netz und verwies auf die von ihrer Partei initiierte Aktion „Meine Stimme für Vernunft“ gegen rassistische Hetze.
„Nur die weltoffenen Metropolen sind auch wirtschaftlich erfolgreich“, sagte Björn Böhning, Chef der Berliner Staatskanzlei. Mit rund 60.000 Arbeitsplätzen im Digitalbereich ist die Hauptstadt Vorreiter im deutschen IT-Sektor. Der freiheitliche Geist der Stadt habe zur Entwicklung eines „digitalen Humus“ geführt, so Böhning. Es sei auch wichtig, die relativ niedrigen Mietpreise in Berlin zu halten, um für die Beschäftigten der internationalen Online-Branche weiterhin attraktiv zu bleiben.
Die digitalen Pläne der SPD
Unter dem ehemaligen SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit, so Böhning, sei Berlin zu einem Magnet für Kreative geworden. Sein Nachfolger, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, wolle daran anknüpfen und in den kommenden Jahren Dutzende Professuren im IT-Bereich schaffen. Dabei setzt die SPD auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Zivilgesellschaft und Unternehmen. Auch die Bundesregierung will den Online-Standort Deutschland stärken. Gesche Joost hofft für 2017 auf die Eröffnung eines Deutschen Internet-Instituts, das den digitalen Wandel wissenschaftlich erforschen soll. Damit das Web 2.0 in Zukunft in der Bundesrepublik für niemanden mehr „Neuland“ ist.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.