Inland

Integrationspolitik: „CDU und CSU werden von der AfD getrieben“

Auf ihrem Parteitag hat die SPD eine Neuausrichtung der Integrationspolitik beschlossen. Diese soll künftig „vor allem gesellschaftspolitisch und nicht nur sicherheitspolitisch gedacht werden“. Bei möglichen Sondierungsgesprächen mit CDU und CSU könnte das zu Konflikten führen.
von Kai Doering · 14. Dezember 2017
Farhad Dilmaghani
Farhad Dilmaghani

Der SPD-Bundesparteitag hat den Satz „Wir möchten, dass Integration vor allem gesellschaftspolitisch und nicht nur sicherheitspolitisch gedacht wird“ in seinen Beschluss zur Erneuerung der Partei geschrieben. Sie hatten sich dafür stark gemacht. Warum ist der Satz so wichtig?

Das Thema war bereits Teil des Zukunftsplans von Martin Schulz im Wahlkampf. Dass es nun erstmals einen Parteitagsbeschluss dazu gibt, verstärkt die Verbindlichkeit und verpflichtet die Parteiführung, dieses Ziel auch umzusetzen. Der Satz ist zentral für die zukünftige Ausrichtung auf Bundesebene. Integrations- und Vielfaltspolitik soll zukünftig nicht mehr vorrangig durch die sicherheitspolitische Brille gedacht werden, so wie es das Innenministerium seit Jahrzehnten betreibt. Im Gegenteil: Gesellschaftspolitische Teilhabe und Chancengleichheit für Menschen mit Einwanderungsgeschichte sollen die Richtschnur werden. Es geht darum, wie wir gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Einwanderungsgesellschaft fördern. Davon profitieren alle.

In dem Beschluss bekräftigt die SPD auch die Forderung nach einem Integrationsministerium auf Bundesebene. Was soll dieses leisten?

Alle Bundesländer haben mittlerweile Integrationspolitik als ministerielle Aufgabe in Fachministerien integriert. In so gut wie keinem Bundesland ist es Teil der Innenpolitik. In Bayern gibt es beispielsweise ein Ministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration. Auf Bundesebene brauchen wir endlich auch eine Zusammenführung der zersplitterten Kompetenzen. Man kann nicht Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt als eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben bezeichnen ohne die institutionellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, sie wirksam umzusetzen. Das ist weder klug noch lösungsorientiert. Die Bürgerinnen und Bürger verstehen auch nicht mehr, wer da für was in dem Bereich zuständig ist. Dieser Mangel an Transparenz ist auch ein Demokratiedefizit.   

Die SPD führt in den kommenden Wochen Gespräche mit CDU und CSU über eine mögliche Regierungsbildung. Sehen Sie da bei der Integrationspolitik Konfliktpotenzial?

Jetzt ist erst einmal Sondierung angesagt. Mehr nicht. Alles andere entscheidet ein Sonderparteitag, wenn es überhaupt so weit kommt. Prinzipiell ist die Integrationspolitik eines der Themen mit dem größten Konfliktpotenzial. Die CDU und vor allen Dingen die CSU werden von der AfD getrieben. Viele haben den Eindruck, dass in der Union ein Richtungsstreit um die Nachfolge von Frau Merkel ausgebrochen sei, der insbesondere über dieses Thema ausgetragen wird. Nach dem Motto: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der oder die Konservativste im ganzen Land.


*Farhad Dilmaghani ist Mitglied im Unterbezirksvorstand der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare